Paragraf 218 im Visier

Konservative Abgeordnete wollen Spätabtreibungsgesetz verschärfen

  • Lesedauer: 2 Min.
Seit 1995 sind Abtreibungen wegen einer Behinderung des Ungeborenen verboten. Spätabtreibungen nach der 22. Schwangerschaftswoche sind erlaubt, wenn Gefahr für die körperliche und seelische Gesundheit der Mutter besteht. Obgleich die Zahl der Abtreibungen sinkt und Mediziner keinen Anlass zu Gesetzesänderungen sehen, wollen konservative Abgeordnete – vor allem aus der Union, aber auch der SPD – Schwangere und Ärzte mit schärferen Regelungen unter Druck setzen. Mit Caren Marks, Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sprach Silvia Ottow darüber. Die Diplomgeografin hat zwei Kinder.
Paragraf 218 im Visier

ND: 2007 zählte die Statistik 229 Abtreibungen nach der 23. Schwangerschaftswoche. Warum soll dieser Bereich gesetzlich neu gefasst werden?
Marks: Die Mehrheit der SPD hat nicht den Vorstoß unternommen das Gesetz zu ändern. CDU und CSU wollen das Schwangerschaftskonfliktgesetz ändern, ähnliche Positionen vertreten einige Sozialdemokraten um Kerstin Griese sowie die Gruppe um Ina Lenke von der FDP. Die große Mehrheit der SPD hat eine andere Position.

Um welche Position handelt es sich?
Wir wollen die Beratungssituation für die Frauen verbessern, aber eben keine Beratungs- oder Vermittlungspflicht vorschreiben, so wie es den anderen Gesetzentwürfen zu entnehmen ist. Wir lehnen auch eine dreitägige Bedenkzeit ab. Da sind auch viele Verbände wie Pro familia und die Fachärzte auf unserer Seite. Wir wollen die Beratung stärken und werdende Mütter schon vor jeder pränataldiagnostischen Untersuchung darüber aufklären, was auf sie zukommen könnte. Es gibt für jede Schwangere ein Recht auf Nichtwissen. Das fehlt uns bei dem Kompromiss, der zwischen der kleinen Gruppe in der SPD, der FDP und der Unionsfraktion offenbar nun gefunden wurde.

Der Kompromiss steht also bereits?
Diese Einigung innerhalb der drei Gruppen ist für den größten Teil der SPD-Abgeordneten kein Kompromissangebot, in dem wir uns wiederfinden und das wir mittragen können. Es enthält nach wie vor die Vermittlungspflicht für ein Beratungsgespräch und auch die dreitägige Bedenkzeit. Das ist für uns nicht tragbar. Hier haben sich drei Gruppen geeinigt, die ohnehin ähnliche Vorstellungen hatten.

Wie geht das jetzt weiter?
Wir werden kurzfristig prüfen, welchen Weg wir gehen werden, um einen Kompromiss zu finden, der einen wirklichen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Ansätzen darstellt.

Ist das denn in dieser Legislaturperiode überhaupt noch zu schaffen?
Ende Mai soll im Bundestag abschließend beraten werden. Wir wollen das nicht verzögern.

Kein neues Gesetz wäre vielleicht besser als eines, das Frauen unter Druck setzt?
Mit uns ist nichts zu machen, was Frauen unter größeren Druck setzen wird. Uns geht es darum, Schwangeren bei Bedarf Hilfen und Unterstützung anzubieten.

Teilen Sie die Meinung vieler Beobachter, dass es hier nur darum geht, den Paragrafen 218 zu verschärfen?
Einige Abgeordnete, insbesondere aus der Union, versuchen seit längerem, Verschärfungen in den gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch herbeizuführen. Bisher gibt es allerdings für Veränderungen am Paragrafen 218 keine politischen Mehrheiten.

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