Angst vor der Explosion

SPD-Genossen befürchten weitere soziale Spaltung

  • Lesedauer: 2 Min.
Die Krise stürzt Menschen in Armut und Arbeitslosigkeit. Vertreter aus Politik, Gewerkschaft und Wirtschaft fürchten nun eine Radikalisierung von Protest und politischer Orientierung.

Berlin (ND-Klemm). Dem Internationalen Währungsfonds zufolge schrumpft die deutsche Wirtschaft dieses Jahr um 5,6 Prozent. Die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute präsentieren ähnliche Zahlen. In ihrem Frühjahrsgutachten sei ein Wirtschaftsrückgang von rund sechs Prozent wahrscheinlich. Bis Ende des Jahres werde die Arbeitslosigkeit auf über vier Millionen steigen.

Die »schlimmste Depression« (Hans-Werner Sinn) seit der Weltwirtschaftskrise vor rund 80 Jahren löst bei führenden SPD-Genossen Besorgnis aus. Die Bundespräsidentschaftskandidatin der Sozialdemokratie, Gesine Schwan, befürchtet laut »Münchener Merkur«, dass »in zwei bis drei Monaten die Wut der Menschen deutlich wachsen könnte«. Gäbe es bis dahin keinen »Hoffnungsschimmer«, dass sich die Lage wieder entspannt, könne »die Stimmung explosiv« werden, so die Politikerin. Nach ihrer Ansicht stoße die wach- sende Kluft zwischen Arm und Reich seit Jahren auf Missfallen.

Zuvor hat sich Michael Sommer, Vorsitzender des Deuschen Gewerkschaftsbundes (DGB), ähnlich geäußert. Er verglich am Mittwoch die aktuelle Krise mit der wirtschaftlichen Situation um 1930. Damals habe die Krise »bekannte Folgen« gehabt, so der Gewerkschafter mit Hinweis auf ein Erstarken der Nazis. Menschen könnten sich auch heute von der Politik abwenden oder radikaliseren. Verhältnisse, wie im Herbst 2005 in Frankreich, als vorwiegend junge Migranten Autos und Gebäude in den Vorstädten von Paris anzündeten, hält Sommer aber für ausgeschlossen. Nach Auffassung von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sorge der deutsche Sozialsstaat – anders als im Nachbarland Frankreich – dafür, »mit schwierigen Situationen klarzukommen«.

Auch die Kapitalseite sieht Möglichkeiten zu mehr politischer Radikalität. Der Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, sieht den sozialen Frieden in der Bundesrepublik »in Gefahr«. Nach AFP-Angaben sagte der Banker: »So etwas gab es in unserem Land nie, und deshalb wissen wir natürlich auch nicht genau, wie die Reaktionen der Leute sind.«

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