Notwehr gegen Preistreiber

Mieterverein will Wohnungsleerstand erforschen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Zeichen, dass preiswerte Wohnungen in Berlin Mangelware werden, sind kaum zu übersehen: steigende Mieten, eine wachsende Zahl von Haushalten und kaum Wohnungsneubau. Doch beim Stadtentwicklungssenat verweist man auf über 100 000 leer stehende Wohnungen und sieht deshalb keinen Handlungsbedarf, dem entgegenzuwirken.

Der Berliner Mieterverein (BMV) zweifelt diese Zahl an und will jetzt mit einer breit angelegten Leerstandskampagne Gewissheit. Die Mieter sollen ihm leer stehende Wohnungen und die Gründe dafür melden. »Die Mieter wissen am besten, warum die Wohnung nebenan leer steht«, so Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter. Das Ganze sei gewissermaßen eine Notwehraktion, weil der Senat sich nicht in der Lage sehe, die Ursachen zu erforschen.

Die Senatszahlen beruhen auf einer Stromzähleranalyse – Vattenfall hatte alle Zähler in jenen Wohnungen ermittelt, für die ein vertragsloser Zustand besteht. Ob diese Wohnungen tatsächlich leer stehen und aus welchen Gründen, geht daraus nicht hervor. Für 28 000 dieser Wohnungen dauert diese Vertragslosigkeit schon länger als zwei Jahre. Vetter vermutet, dass ihr Zustand eine Vermietung nicht mehr ermöglicht, sie also gar nicht in der Leerstandstatistik auftauchen dürften.

Für die Mieter wäre eine Klärung von einiger Bedeutung. Ist die Zahl der leer stehenden Wohnungen in Berlin nur etwa halb so groß wie derzeit vom Senat angenommen, müsste von einer Mangellage auf dem Wohnungsmarkt gesprochen werden. Dann würde wieder Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes zur Anwendung kommen, wonach bei Neuvermietungen Mieterhöhungen von mehr als 20 Prozent über dem Mietspiegel sittenwidrig und strafbar sind. Derzeit gibt es dafür in Berlin keinerlei Begrenzung und Mieter können sich nicht gegen diese überzogenen Mieten wehren.

»Auf dem Wohnungsmarkt wird es spürbar enger«, so Vetter. Der Senat müsse gegensteuern, bevor es zu spät ist. Die Grünen forderten gestern den Senat auf, eine Bundesratsinitiative zu starten, um die Neuvertragsmieten bei 15 Prozent über der Vergleichsmiete zu kappen.

Der Fragebogen des Mietervereins kann im Internet unter www.berliner-mieterverein.de heruntergeladen werden.

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