Zürcher Geschlechterkampf ums Sechseläuten

Die Austreibung des Winters als schweizerisches Possenspiel um Frauentrotz und Männermacht

  • Uwe Stolzmann, Zürich
  • Lesedauer: ca. 5.5 Min.
Ein Zunftmeister, gekleidet wie ein Ratsherr im späten Mittelalter, am Ort des Geschehens.
Ein Zunftmeister, gekleidet wie ein Ratsherr im späten Mittelalter, am Ort des Geschehens.

Fremder, kommst du nach Zürich, dann halte kurz inne. Denn dies ist ein wunderlicher Ort, so weltoffen wie rückwärts gewandt. Du spürst es nicht, aber: Es herrscht Krieg in der Stadt. Kein Bürgerkrieg, gottlob, kein Aufruhr wie 1336, als Handwerker den Rat vertrieben, um ihren Staat, einen Stadtstaat der Zünfte, zu errichten. Dies ist nur Kleinkrieg, Grabenkampf. Alljährlich, wenn die Tulpen blühen, fordern wagemutige Damen die Herren heraus. Fasst man es weit, geht's bei dem Zwist um Menschenrechte, Emanzipation. Fasst man es enger, dreht sich der Streit nur um die Mitgliedschaft in geselligen Vereinen.

Montagfrüh, der 20. April. In der Zürcher Altstadt trifft der Reisende auf merkwürdige Gestalten, Figuren in Wams oder Frack, mit Gehstock, Umhang, Zylinder. Sie rufen, was rufen sie? »Es schöns Sächsilüüte!« Schönes Sechseläuten. Das ist das große Fest der Zürcher Zünfte. Karneval mit Zwingligeist, die Austreibung des Winters in Gesta...


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