Tschechiens Roma im Neonazi-Visier

Ausländerfeindliche Kundgebung in Krupka

  • Jindra Kolar, Prag
  • Lesedauer: 3 Min.
Die tschechischen Neonazis geben keine Ruhe. Im nordböhmischen Krupka trafen sie sich am Samstag zu einer Kundgebung, um gegen die Zuwanderung von Roma zu protestieren. Tausend Polizisten verhinderten gewaltsame Auseinandersetzungen.

Eine Woche nach dem neonazistischen Gedenkaufmarsch im benachbarten Usti nad Labem versammelten sich am Wochenende in Krupka (Kreis Teplice) erneut Kräfte der rechtsgerichteten tschechischen Arbeiterpartei (DS). Unter Führung des DS-Vorsitzenden Petr Kotab hielten die Rechten in der kleinen Bergarbeiterstadt eine ausländerfeindliche Kundgebung ab, die sich vor allem gegen die am Ort ansässigen Roma wandte. Kotab klagte die Stadtleitung und den Bürgermeister an, sich nicht gegen die Zuwanderung der Roma wehren zu können und eine »Überfremdung« der Gemeinde zuzulassen. In ausfälligen Tiraden kündigte der Rechtspopulist an, man werde zeigen, wie das Problem »zu lösen« sei. Bereits am Rande der Veranstaltung eine Woche zuvor war Kotab gegen die Roma von Krupka ausfällig geworden.

In Vorbereitung der rechten Demonstration vom Samstagnachmittag hatten sich Hunderte Roma versammelt, um ihre Wohnsitze und ihre Familien zu verteidigen. Aus den umliegenden Städten waren starke Polizeikräfte hinzugezogen worden, um Auseinandersetzungen zwischen den Rechten und den Roma zu verhindern. Die Einsatzleitung sprach am Samstagabend von 1000 Beamten, die vor Ort waren.

Aus Prag kam der demissionierte Minister für Bürgerrechte und Minderheiten, Michael Kocab. Er war bereits eine Woche zuvor in Krupka gewesen, um rechte Übergriffe auf die Romasiedlungen zu verhindern. »Diese Aktionen der Neonazis könnten leicht in einen Guerillakrieg ausarten, das müssen wir auf jeden Fall verhindern«, sagte Kocab in der Romasiedlung. »Das ist kein Minister für Menschenrechte«, ließ sich der DS-Chef beim Eintreffen Kocabs vernehmen, »sondern einer für Parasiten«. Der in Tschechien vor allem als Rockstar bekannte Kocab hatte mehrfach öffentlich seine Sympathie für die Roma geäußert – und ebenso wiederholt wurde er dafür von den Rechten angegriffen.

Die Polizei konnte die rechten Extremisten dieses Mal von den Romasiedlungen fern halten. So kam es nur zu kleineren Zwischenfällen, etwa als DS-Aktivisten versuchten, mit einer Eisenstange und einem Bierseidel eine Roma-Frau anzugreifen und umgehend von Polizisten festgenommen wurden. Doch häufen sich die rechten Aktivitäten gegen die Roma in den nordböhmischen Städten. Immer wieder gibt es Übergriffe auf Romasiedlungen in Teplice, Usti oder wie jüngst in Krupka. Im Februar hatte aufgrund rassistischer Übergriffe in Litvinov der damalige Innenminister Ivan Langer ein DS-Verbot gefordert. Anfang März entschied jedoch das Oberste Verwaltungsgericht Tschechiens, dass die Gründe nicht ausreichen würden, um die Verfassungswidrigkeit der Partei nachzuweisen.

International hält die DS vor allem Verbindungen zur deutschen NPD. Eine größere Abordnung der tschechischen Neonazis nahm am NPD-Aufmarsch im Februar in Dresden teil. Wie die Schwesterpartei in Deutschland zeichnet sich die DS durch Ausländerfeindlichkeit und Verachtung von Minderheiten aus – hierzulande vor allem durch Feindseligkeiten gegen in Tschechien lebende Roma.

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