Links-linkes Treffen in Slubice

Parteien aus Deutschland und Polen vertiefen den Dialog

  • Daniela Fuchs-Frotscher
  • Lesedauer: 2 Min.
Es war schon eine kleine Sensation, die sich am Sonntag im Collegium Polonicum in der polnischen Grenzstadt Slubice ereignete. Parteigliederungen der polnischen Demokratischen Linksallianz (SLD) und der deutschen LINKEN trafen sich zur ersten gemeinsam veranstalteten offiziellen Konferenz. Die Vorreiterrolle gebührt hierbei der SLD der Wojewodschaft Lebuser Land und der Partei DIE LINKE des Landes Brandenburg.
Angeregte Debatte im Collegium Polonicum ND-
Angeregte Debatte im Collegium Polonicum ND-

Natürlich gab es in der Vergangenheit viele Kontakte und auch Zusammenarbeit zwischen der PDS bzw. LINKEN und der SLD in der Oderregion. Aber dass beide Parteien miteinander über die gemeinsame Geschichte und Zukunft der Region reden, ist nach Ansicht des Brandenburger Landesvorsitzenden der LINKEN, Thomas Nord, neu. Er bedauerte zugleich, dass die LINKE als Gesamtpartei bisher keine Debatte über ihr Verhältnis zu ihren mittel- und osteuropäischen Nachbarn und den dort politisch links stehenden Kräften geführt hat.

Der erste Schwerpunkt der Konferenz widmete sich dann auch dem schwierigen Erbe der deutsch-polnischen Geschichte und seiner Bedeutung für die Politik am Beginn des 21. Jahrhunderts. Bogumila Burda, Historikerin und Schulbuchautorin von der Universität Zielona Gora, sprach unter anderem darüber, dass in der Lehrerausbildung Regionalgeschichte und Geschichte der Grenzregion wichtige Felder sind. Überhaupt sei in den letzten Jahren ein völlig anderer Umgang mit dem deutschen Erbe zu verzeichnen. So ist beispielsweise die Stadt Zary stolz darauf, dass hier einst der berühmte Kapellmeister Georg Philipp Telemann wirkte, auch wenn der Ort damals Sorau hieß.

Der Politikwissenschaftler Erhard Crome verwahrte sich entschieden gegen Tendenzen in den deutschen Medien, die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg und die Verbrechen der Nazis zu relativieren. Die Anwesenden waren sich einig, dass die geplante Errichtung eines »Zentrums des Gedenkens an Flucht und Vertreibung« der deutsch-polnischen Aussöhnung einen Bärendienst erweise. Mit viel Sympathie hingegen wurde der Vorschlag von Thomas Nord aufgenommen, stattdessen ein Zentrum zur deutsch-polnischen Geschichte mit Sitz in Slubice oder in Frankfurt (Oder) zu errichten.

Im zweiten Schwerpunkt wurde unter dem Motto »Gemeinsame Zukunft in der Grenzregion« der Bogen zur Gegenwart geschlagen. Beide linken Parteien sehen sich in der Pflicht, die Chancen in der EU-Mitgliedschaft für eine langfristige Politik zu nutzen, die dem Frieden, der Abrüstung, der Demokratie, der Toleranz, der sozialen Gerechtigkeit und der ökologischen Nachhaltigkeit dient.

In diesem Sinne äußerten sich im Podium das Mitglied des Europaparlaments Boguslaw Liberadzki, die Universitätsprofessoren Jochen Franzke und Bogdan Slusarz aus Potsdam und Zielona Gora sowie Kerstin Kaiser, Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Brandenburger Landtag. Doch auch kritische Fragen und kontroverse Auffassungen zur Entwicklung der Grenzregion wie Koordinierungs- und Kompetenzprobleme und Schwierigkeiten bei der Mittelverteilung wurden benannt.

Zum Abschluss appellierte die Vorsitzende des Rates des Kreises Slubice, Kazimierza Jakubowska, an die polnischen und deutschen Linken zusammenzuarbeiten, denn nur sie repräsentierten ein modernes Europa.

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