nd-aktuell.de / 05.05.2009 / Kultur / Seite 10

Das Große im Kleinen

Ist 20: theater 89

Christoph Funke

Luxus gibt es in der Berliner Torstraße 216 nicht. Das theater 89 arbeitet dort unter bescheidenen Bedingungen. Aber es gibt kein bescheidenes, sondern anspruchsvolles, aufrüttelndes, nachdenklich stimmendes Theater im engen Kontakt zum Publikum. Wenn das arg renovierungsbedürftige Treppenhaus durchklettert ist, belohnt eine besondere Atmosphäre voller Erwartung und Vertrautheit. Im dunklen Saal stehen einfache Stühle vor der winzigen Bühne, auf der doch aller Zauber des Theaters eingefangen wird.

Das theater 89 sucht »nach Stoffen, Themen und Autoren, die aus einem Blick von unten die Welt betrachten und beschreiben.«

Was die verschworene Truppe um Hans-Joachim Frank, den unermüdlichen Leiter und »Chefregisseur« (ja, das ist er, nur nicht von der finanziellen Ausstattung her) leistet, nötigt höchsten Respekt ab. Als das Theater 1989 als eine der ersten freien Gruppen in der DDR an den Start ging, begegnete das Unternehmen noch manchem Misstrauen. Ökonomisch alles andere als auf Rosen gebettet, immer wieder von Einschränkungen bis hin zur Schließung bedroht, gingen Frank und seine Mitarbeiter, darunter der Dramaturg Jörg Mihan, ihren Weg, und zwar immer erfolgreicher. Aufführungen gibt es nicht nur in Berlin, sondern auch im Kulturzentrum DAS HAUS in Altes Lager, Gemeinde Niedergörsdorf.

Georg Seidel, Oliver Bukowski. Dirk Laucke, Andres Veiel, Ralf-G. Krolkiewicz und viele andere Autoren fanden Heimat in der Torstraße, neben Brecht, Sternheim, Horváth, Heiner Müller. Auch an Euripides, Shakespeare, Majakowski hat sich das Theater gewagt, immer im Bestreben, sich in dieser wandlungssüchtigen Welt zu behaupten. Selten nur kann man Schauspieler erleben, die auf kleiner Bühne und in einer nur angedeuteten bildlichen Umwelt Figuren und Vorgänge so punktgenau ausleuchten, so gescheit ins Sinnliche bringen. Jeder, der in der Torstraße arbeitet, tut es aus einer Leidenschaft, die auch von geringen und ruinösen Gagen nicht anfechtbar ist. Es ist ein kleines Theater mitten in Berlin, aber ein Theater mit großen Schauspielern, selbstbewusst, genau, aufregend und anregend. Glückwunsch zum 20. Geburtstag.