Nordischer Postriese im Entstehen

EU stimmt dänisch-schwedischer Fusion zu / Logistikwettbewerb zwingt Unternehmen zu Allianzen

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Wettbewerbskommission der EU hat dieser Tage der Fusion der dänischen und der schwedischen Post zugestimmt. Ein Zusammenlegen zweier staatlicher Partner ist recht ungewöhnlich, doch der harte Konkurrenzkampf im Logistikbereich kann auch Unternehmen in öffentlicher Hand auf längere Sicht in die Bredouille bringen.

Die in der EU bereits vollzogene Liberalisierung in Teilbereichen des Postsektors hat es einer Reihe privater Kurierunternehmen ermöglicht, bedeutende Marktanteile am attraktiven Paketmarkt zu gewinnen. Hinzu kommt der Wettbewerb durch Tochtergesellschaften ehemaliger Monopolisten anderer EU-Staaten, insbesondere der Deutschen Post, die durch die Größe und Finanzkraft des Mutterkonzerns kräftig auf dem europäischer Binnenmarkt expandieren konnten. Mit der bereits beschlossenen Liberalisierung auch des Briefmarktes wird der Wettbewerbsdruck weiter zunehmen.

Angesichts dessen arbeiten die dänische und die schwedische Post seit über einem Jahr an einem Zusammenschluss. Die Fusion zwischen Post Danmark und Posten wird jedoch nicht komplett sein, denn die beiden Gesellschaften werden weiter national bleiben und der Gesetzgebung ihrer Länder unterliegen. Zusammengelegt wird jedoch der Logistikbereich, wo der Wachstumsmarkt der Zukunft gesehen wird. Hingegen ist das Volumen des Briefverkehrs in den letzten Jahren so stark zurückgegangen, dass er nicht mehr als ausreichende Basis für ein Logistikunternehmen angesehen wird. Im Paket- wie auch im Frachtbereich dagegen erwarten die Firmenlenker, dass sich der neue Postriese bei gegenseitiger Ausnutzung der Ressourcen beträchtliche Wettbewerbsvorteile sichern kann.

Die erklärte Absicht der schwedischen und dänischen Post ist es, die gemeinsamen Aktivitäten auf den nordeuropäischen Raum zu konzentrieren und später auch auf den baltischen Raum auszudehnen. Andere gemeinsame Geschäftsfelder werden die Informationslogistik und ein grafisches Unternehmen sein. Weitere Synergien sollen aus gemeinsamen Serviceabteilungen kommen, die jährliche Einsparungen von 100 bis 150 Millionen Euro sichern sollen.

Um die Balance zwischen beiden nationalen Einheiten zu wahren, wird wie gewohnt bei grenzüberschreitenden Fusionen in den nordischen Ländern der Geschäftsführer aus dem einen Land kommen und der Vorstandsvorsitzende aus dem anderen. Der vorgesehene Geschäftsführer Lars G. Nordström, der von der pannordischen Bank Nordea kommt, verfügt bereits über reichlich Fusionserfahrung. Er war es, der vier verschiedene Bankkulturen zusammenschmolz und eine gemeinsame Nordea-Kultur aufbaute. Trotz aller Ähnlichkeiten in den nordischen Ländern gibt es jedoch auch große Unterschiede in den Unternehmenskulturen und Mentalitäten der Skandinavier – dies gilt besonders für die Länder auf beiden Seiten des Öresunds. Während dänische Unternehmen einen raschen Entscheidungsprozess vorziehen und Beschlüsse laufend revidiert werden, geht man in Schweden langsamer und gründlicher vor – einmal gefasste Entscheidungen werden gewöhnlich vollzogen. Da keines der beiden Modelle dem anderen eindeutig über- oder unterlegen ist, kommt es zu Reibereien, die im statistischen Durchschnitt die Hälfte der Fusionen missglücken lassen.

Lars G. Nordström wird mit seinem Alter von 65 Jahren nur eine Übergangsfigur sein. Seine Hauptaufgabe wird es sein, bedeutende Umstrukturierungen zu vollziehen. Post Danmark ist nämlich in verschiedene Divisionen eingeteilt, während Postens Geschäftsfelder in separaten Tochtergesellschaften platziert sind. Die Fusion wird eine schwierige Aufgabe sein – angesichts von rund 52 000 Mitarbeitern und einen Umsatz von rund 5,6 Milliarden Euro in dem Gemeinschaftsunternehmen. Und viele Fragen, etwa wo der Hauptsitz liegen soll, sind noch nicht beantwortet.

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