Fiat-Chef träumt vom Weltkonzern

Marchionne stellte Pläne zum Einstieg bei Opel vor / Werk in Kaiserslautern bedroht

  • Lesedauer: 3 Min.
Fiat will zusammen mit Opel und Chrysler einen der größten Autokonzerne der Welt schaffen. Das italienische Unternehmen beabsichtige, die drei Autobauer zu einem einzigen Konzern zu verschmelzen, sagte Fiat-Chef Sergio Marchionne am Montag. Die Opel-Werke in Rüsselsheim, Bochum und Eisenach sollen nach diesem Plan erhalten bleiben, von der Schließung bedroht sein könnte das Werk in Kaiserslautern.

Berlin (Agenturen/ND). Fiat-Chef Marchionne stellte sein Konzept in Berlin Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor. Der neue Autokonzern hätte nach Angaben von Fiat einen Umsatz von rund 80 Milliarden Euro und soll jährlich bis zu sieben Millionen Autos verkaufen. Damit wäre er die weltweite Nummer zwei hinter Toyota und etwa gleichauf mit Volkswagen. Laut Fiat könnten für eine solche Fusion das Autogeschäft von Fiat aus dem Konzern herausgelöst und mit Chrysler und dem Europageschäft der Opel-Mutter General Motors (GM) verschmolzen werden. In die neue Gesellschaft sollten neben Opel auch die GM-Töchter Vauxhall und Saab eingebracht werden. Marchionne sagte, technisch und industriell wäre der Zusammenschluss eine »Hochzeit im Himmel«. Damit nahm er eine Formulierung auf, mit der einst die inzwischen gescheiterte Fusion von Daimler und Chrysler gefeiert worden war.

Es gebe allerdings laut Fiat »Konsolidierungsbedarf« beim Personal und bei den Standorten in Europa, berichtete Guttenberg aus seinem Gespräch mit Marchionne. In Deutschland »könnte« demnach das Komponentenwerk Kaiserslautern betroffen sein. Dort werden vor allem Motoren gebaut.

Fiat wolle zwar ohne eigene Schulden in das Geschäft mit Opel einsteigen, sagte Guttenberg. Den »finanziellen Überbrückungsbedarf« schätze Marchionne aber auf fünf bis sieben Milliarden Euro. Das Geld sollen die europäischen Staaten mit Opel-Standorten in Form von Bürgschaften aufbringen. Guttenberg bezeichnete das Konzept von Fiat als »interessant«. Es müsse aber »auf Herz und Nieren überprüft werden«. Gespannt warte er auch auf das Konzept des österreichisch-kanadischen Autozulieferers Magna, der sich ebenfalls für Opel interessiert.

Der Betriebsrat des Kaiserslauterer Opel-Werks kritisierte die Überlegungen des Fiat-Konzerns für »Konsolidierungsmaßnahmen« an dem Standort scharf. »Wir werden uns unter dieser Voraussetzung gegen Fiat massiv wehren. Das können wir nicht hinnehmen«, sagte Betriebsratschef Alfred Klingel dem dpa-Audiodienst. Er könne sich nicht vorstellen, dass Land und Bund dem neuen Interessenten Bürgschaften oder eine andere Unterstützung gäben, wenn ein Opel-Standort »außen vor wäre«. »Die Bedingung ist ganz schlicht und einfach: Die Standorte müssen erhalten bleiben, es muss auch Kaiserslautern erhalten bleiben«, betonte Klingel.

Der Bochumer Betriebsrat forderte ein »schlüssiges Finanzierungskonzept«. »Fiat muss beweisen, dass es nicht nur um Staatsmittel geht«, sagte Betriebsratschef Rainer Einenkel der dpa. Er frage sich, wie Fiat nach der Übernahme des US-Autobauers Chrysler den Einstieg bei Opel bezahlen wolle: »Dieses Geld muss real sein. Da warten wir auf eine klare Aussage.« Ein Zusammengehen mit Fiat ist nach Ansicht von Einenkel problematisch, da beide Hersteller eine ähnliche Modellpalette besäßen. »Das darf nicht zu einer Marktbereinigung führen«, warnte er.

In den USA hat der insolvente Autokonzern Chrysler hat seine Produktion komplett eingestellt. Nach den Werken in Kanada wurden die Bänder am Montag auch in allen US-Fabriken gestoppt. Chrysler will das vergangene Woche beantragte Insolvenzverfahren spätestens nach 60 Tagen verlassen und erst dann die Produktion wieder anlaufen lassen. Der italienische Fiat-Konzern steigt zur Rettung bei dem drittgrößten US-Autobauer mit zunächst 20 Prozent ein. Chryslers Absatz war im April erneut um 48 Prozent eingebrochen.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal