Wechselstimmung in der Linksfraktion

Abgeordneter tritt wahrscheinlich aus der Partei aus / Kampfabstimmung um Vorstandsposten

Die Wege des Abgeordneten Carl Wechselberg und der Linkspartei trennen sich wahrscheinlich. Für den Fraktionsvorstand, der heute gewählt wird, kandidiert er nicht mehr. Der langjährigen Haushaltsexperte der Linksfraktion zeigt sich tief enttäuscht über den Kurs der Bundespartei, den er mit den Worten »ultralinks, populistisch und sektierisch« beschreibt. Wechselberg vermisst eine sinnvolle Reaktion auf die Wirtschaftskrise und bemängelt, die Linkspartei biete den Menschen keine mehrheitsfähige Alternative.

»Aller Voraussicht nach« sei dies alles für ihn mit einer weiteren Parteimitgliedschaft nicht vereinbar, erklärte Wechselberg. Ihn stört, dass der pragmatisch orientierte Berliner Landesverband Burgfrieden mit Oskar Lafontaine geschlossen habe. Wechselberg würde sich eine offene politische Auseinandersetzung über seine Position wünschen. Das würde ihn theoretisch in der Partei halten. Er vermutet aber, dass dem Landesverband die Kraft zu einer solchen Debatte fehlt.

Darum sieht es sehr danach aus, das Carl Wechselberg die Partei und auch die Fraktion verlässt. Die rot-rote Koalition möchte er dann als fraktionsloser Abgeordneter bis auf weiteres stützen. Ob er in die SPD eintritt oder sein Mandat niederlegt, hat der Abgeordnete nach eigenem Bekunden noch nicht entschieden. Die Bemerkung, er habe als direkt gewählter Abgeordneter einen Auftrag der Bürger in seinem Wahlkreis, deutet allerdings darauf hin, dass er das Mandat behält. Den Posten des haushaltspolitischen Sprechers der Linksfraktion gab Wechselberg schon ab. Diese Funktion übernahm Jutta Matuschek, die darüber hinaus Verkehrsexpertin bleibt.

Fraktionschefin Carola Bluhm, die sich zur Wiederwahl stellt und keinen Gegenkandidaten hat, zeigte sich irritiert. Sie sei davon ausgegangen, dass Wechselberg persönliche Gründe für seinen Rückzug habe. So hatte es auch Fraktionssprecherin Kathi Seefeld mitgeteilt. Er wolle mehr Zeit mit seinem zehn Monate alten Sohn verbringen, hieß es. Gründe, die darüber hinaus eine Rolle spielen könnten, habe er nicht genannt. Bluhm bedauerte die Angelegenheit und sagte, man werde am Dienstag in der Fraktion sicherlich noch einmal über dieses Thema sprechen.

Nicht nur Wechselbergs Rückzug führt dazu, dass es im neuen Vorstand neue Gesichter geben wird. Bluhms bisherige Stellvertreter Martina Michels und Stefan Liebich bewerben sich nicht erneut. Michels kandidiert für das Europaparlament und Liebich möchte in den Bundestag. Zur Wiederwahl stellt sich Marion Seelig. Darüber hinaus kandidieren Jutta Matuschek und Udo Wolf als Fraktionsvize. Im Amt bestätigen lassen möchte sich der Parlamentarische Geschäftsführer Uwe Doering.

Für die weiteren drei Vorstandsposten bewerben sich Wolfgang Albers, Evrim Baba sowie neu Mari Weiß und Wolfgang Brauer. Möglicherweise besitzt Baba dabei die schlechtesten Karten. Ihr wird eventuell nachgetragen, dass sie sich in der Frage der umstrittenen Schüler-Datei gegen die Mehrheitsmeinung in der Fraktion stellte.

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