Der Fluch des Reichtums

In Niger fördern Konzerne aus Frankreich und China Uran

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.
Niger profitiert bisher kaum von seinen umfangreichen Uranvorkommen. Atomkonzerne aus Frankreich und China machen das große Geschäft mit dem strategisch wichtigen Rohstoff.

Selbst im Wüstensand der Sahara liegt Wertvolles: In Niger lagern mit die größten Uran-Vorkommen der Welt. Von dem Reichtum an diesem Energieträger hat das westafrikanische Land aber bislang kaum etwas, auch wenn jetzt zwei weitere Minen dazukommen.

Dieser Tage reiste Präsident Mamadou Tandja in den Norden, um gemeinsam mit einem Minister aus Paris und der Chefin des französischen Nuklearkonzerns Areva, Anne Lauvergnon, den ersten Spatenstich für eine Uranmine zu tätigen, die einmal die größte Afrikas und die zweitgrößte weltweit sein wird. In Imouraren sollen ab 2012, wenn der Betrieb richtig läuft, rund 5000 Tonnen jährlich gefördert werden – das ist beinahe doppelt soviel wie die derzeit geförderte Gesamtmenge der nigrischen Uranbranche, die rund 7,5 Prozent des Weltmarktes ausmacht.

Seit dreieinhalb Jahrzehnten bereits wird im Wüstenstaat nach dem radioaktiven Material gegraben. 100 000 Tonnen sind seit den Anfängen gefördert worden, eine enorme Menge. Doch zum Positiven geändert hat sich in Niger dadurch im Grunde kaum etwas: »Die Bevölkerung profitiert davon nicht«, konstatiert Ali Idrissa, der Vertreter eines Dachverbandes von Nichtregierungsorganisationen. Die UNO listet das Land nach wie vor als eines der zehn ärmsten Staaten der Welt. Die Lebenserwartung liegt bei 45 Jahren, die Analphabetenrate unter den Erwachsenen beträgt 71 Prozent und 60 Prozent der Einwohner müssen von weniger als einem Dollar pro Tag leben. Dramatischer geht es selbst in Afrika kaum.

Die Misere liegt darin begründet, dass die Verträge mit den ausländischen Gesellschaften nicht zum Vorteil der Nigrer geschlossen werden. Bei der neuen Riesen-Mine hält Areva 66,65 Prozent der Anteile, der Staat nur rund ein Drittel. Die Franzosen werden zwar die Masse der Erschließungskosten aufbringen, die mit 1,12 Milliarden Euro veranschlagt sind, streichen später aber eben über Jahre und Jahrzehnte satte Profite ein. Lediglich fünf Prozent der Gewinne müssen als Steuern an die nigrische Regierung abgeführt werden.

Die Franzosen hatten in der Uranbranche ihrer früheren Kolonie lange Zeit faktisch eine Monopolstellung. Doch diese ist inzwischen aufgeweicht, denn auch die Chinesen haben den Einstieg in den lukrativen Sektor vollzogen. In Azelik wollen sie 2010 mit einer Mine starten, die immerhin bei Sollstärke rund 700 Tonnen jährlich fördern wird. Auch Peking ist an dem dortigen Konsortium zu zwei Dritteln beteiligt, in den konkreten Bedingungen gibt es kaum Unterschiede. Und gerade haben die Chinesen einen 95-Millionen-Dollar-Kredit zur Verfügung gestellt, um die Arbeiten in Azelik zu forcieren. Insgesamt soll dort gut die dreifache Summe investiert werden.

Egal woher die Konzerne nun kommen – die lokale Bevölkerung fordert mehr Teilhabe an der Ausbeutung des wichtigsten Rohstoffes im Land. Dass die Ausländer sagenhafte Gewinne einstreichen, dafür noch Mensch und Umwelt gefährden, sehen vor allem die Tuareg nicht ein. Das stolze, traditionsverhaftete Nomadenvolk ist die dominierende Gruppe im Norden Nigers, wo sich die Standorte der Uranminen konzentrieren. Die Bewegung für Gerechtigkeit (MNJ) hat den Kampf für mehr Rechte seit Jahresanfang noch intensiviert. Gespräche des Staatsoberhauptes mit den Tuareg-Aktivisten führten indes noch zu keiner Einigung.

Die Aufständischen fordern, dass die Regierung die Verträge mit Areva & Co. nachverhandelt. Präsident Tandja aber hat den Rebellen lediglich eine Amnestie angeboten, wenn sie die Waffen niederlegen.

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