Cagliostro und das Baskettopoli

Neuer Betrugsskandal in Italien – diesmal im Basketball

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.

Italien hat einen neuen Betrugsskandal im Sport. Betroffen ist dieses Mal nicht König Fußball, sondern der Entertainment-Zwerg Basketball. 35 Schiedsrichter-Obleute und sechs Referees stehen unter dem Verdacht, ein Begünstigungssystem in der zweiten und dritten Basketball-Liga betrieben zu haben. Die italienischen Medien haben sofort den Begriff »Baskettopoli« geprägt. Sie halten ihn dem »Moggiopoli-Skandal« um Juventus Turins Manager Luciano Moggi von 2006 für ebenbürtig.

Laut Vorwürfen des früheren Schiedsrichters Alessandro Cagliostro wurden jene Referees mit guten Noten versehen, die bestimmte Mannschaften bevorzugten. Wer bessere Beurteilungen erhielt, durfte mit schneller Beförderung in die oberen Ligen rechnen. Die Schiedsrichter sollen aus eigenem Antrieb gehandelt haben. Beeinflussungen durch die Vereine sind nicht bekannt. Es galt scheinbar schlicht: Wer sich dem korrupten System am besten anpasst, macht Karriere. Wer unparteiisch pfeift, kommt nie ins Rampenlicht.

Echte Amateure

Weil Cagliostro, ein Namensvetter des berüchtigten Alchemisten und Hochstaplers, in Reggio Calabria wohnt, hat sich die kalabresische Staatsanwaltschaft des Falles angenommen. Die ist eigentlich mit der Bekämpfung der 'Ndrangheta beschäftigt. Das organisierte Verbrechen soll nicht die Hand am Korb gehabt haben. Die Summen, um die es im unterklassigen Basketball geht, sind zu gering. Für 200 Euro konnte im letzten Jahr etwa der Klub IGEA Barcellona das Startrecht in der zweiten Liga erwerben. Die Spieler sind weitgehend echte Amateure. Die Sponsoren stammen aus dem lokalen Mittelstand und engagieren sich oft nur, weil der eigene Filius mitspielt.

Zur Debatte stehen ein Spiel aus dem vergangenen Jahr und acht Partien aus der gerade abgelaufenen Saison. Der toskanische Klub Cecina, an vier der neun Duelle beteiligt, hat jede Beteiligung von sich gewiesen: Das Zustandekommen der drei Siege sei spielerischer Überlegenheit geschuldet.

Die Basketballfreunde aus Messina hingegen haben Beschwerde wegen eines der mutmaßlich verpfiffenen Spiele eingelegt. »In 40 Minuten wurden gegen uns 35 Fouls verhängt. Unser Kapitän wurde mit fünf Fouls in sieben Minuten bestraft. Vier unserer Spieler mussten nach dem fünften Foul vom Platz«, echauffierte sich der Präsident von Amatori Messina, Antonino Centorrino. Er fordert einen Stopp der Relegation, für die sich der gegenwärtige Absteiger Messina bei einem Sieg qualifiziert hätte. Die Meisterschaft wurde dennoch fortgesetzt. Der Präsident des Schiedsrichterverbandes und dessen oberster Obmann sind zurückgetreten. Von der Sportjustiz sind sie nicht mehr zu belangen. Gegenüber dem Staatsanwalt verweigern sie die Aussage. Wie im Fall Moggi hat auch der Basketballskandal ein Vater-Sohn-Element. Ein verdächtigter Schiedsrichter ist der Sohn des Verbandspräsidenten.

Ein Polizist klärt auf

Alessandro Cagliostro hatte den Stein vor einem Jahr ins Rollen gebracht. Er hatte Anzeige erstattet, belastende E-Mails gesammelt und Telefonate aufgezeichnet. Cagliostro ist ein Profi: Er arbeitet ausgerechnet bei der Polizeiabteilung, die den Telefon- und Postverkehr sowie das Internet überwacht. Zwei Schiedsrichterkollegen haben seine Vorwürfe in Teilen bestätigt.

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