nd-aktuell.de / 06.05.2009 / Kommentare / Seite 1

Geisterbahn

Kurt Stenger

Es soll Leute geben, denen bereiten schier endlose Achterbahnfahrten einen Heidenspaß. Wie groß der Vergnügungsfaktor unter Aktionären ist, sei dahingestellt. Jedenfalls rauschen die Börsen nach monatelangem Absturz wieder mehr oder weniger steil nach oben. Der DAX hat seit seinem Jahrestief im März rund ein Drittel zugelegt, in einigen Schwellenländern ging es seit Jahresbeginn sogar um 60 Prozent nach oben. Dagegen sieht die Bilanz bei den zeitweilig gerühmten Krisenwährungen Gold und Staatsanleihen eher mau aus.

Als Normalsterblicher sollte man auf die Stimmungen an den Börsen ebenso wenig geben wie auf den vorsichtigen Optimismus einiger Finanz- und Wirtschaftsexperten. Die in den Bankbilanzen schlummernden Risiken sind trotz aller kreativer Buchführung nicht über Nacht verschwunden, die Wirtschaftskrise hat vielerorts noch gar nicht richtig eingesetzt, und die Dimension der zu erwartenden sozialen Probleme ist noch kaum absehbar. Großspekulanten etwa aus der Hedge-Fonds-Gilde setzen, wie rekordverdächtige Leerverkäufe zeigen, auf einen erneuten Kursrutsch.

Übertreibungen wie die Weltuntergangsstimmung vom Herbst oder die jüngste Rallye gehören zum Geschäft. Börsenbetreiber und Bankenmakler freuen sich über das hektische Rein-Raus-Spiel der Anleger. Diese scheinen die Hoffnung zu hegen, dass die Welt bald wieder so aussieht wie vor der Krise. Die Achterbahnfahrer sehnen sich nach der Geisterbahn.