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Mit Sonntagsreden gegen die Krise

EU-Rezepte für den Arbeitsmarkt reichen nicht

  • Susanne Götze, Brüssel
  • Lesedauer: 2 Min.
Mit Forderungen nach mehr Solidarität und Verantwortung kämpft die EU gegen die Folgen der Krise. Den Bekenntnissen folgen kaum Taten – das zeigt sich diese Woche in Straßburg.

»Europa ist nicht nur ein wirtschaftliches Projekt, sondern auch immer ein soziales Projekt«, erklärte Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Dienstag vor dem Parlament. Barroso lobte den heute beginnenden Sozialgipfel und die im Parlament eingebrachten Anträge für ein stärkeres soziales Netz in Europa. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich viele der Initiativen gegen Massenentlassungen und Armut aber als hilflos.

Um den sozialen Folgen der zu erwartenden weiteren Massenentlassungen zu begegnen, hat das Parlament diese Woche für einen Ausweitung des »Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung« gestimmt. Ursprünglich war der seit 2006 bestehende Fonds dafür gedacht, die negativen Folgen der globalisierten Wirtschaft sozial abzufedern. Nun seien aber die Folgen der Globalisierung von der Finanz- und Wirtschaftskrise »geradezu überrollt worden«, erklärte Berichterstatterin Gabriele Stauer von der konservativen EPP-ED-Fraktion. Deshalb können Mitgliedsstaaten bis Ende 2011 nun Gelder für Firmen beantragen, die infolge der Krise mindestens 500 Arbeitnehmer innerhalb weniger Monaten entlassen müssen. Mit den finanziellen Hilfen sollen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für die betroffenen Arbeitnehmer bezahlt werden. Die EU will bis zu 65 Prozent der Kosten übernehmen.

Umschulung und Weiterbildung sind auch die Universalrezepte eines Antrages der grünen Abgeordneten Jean Lambert. Sie fordert umfassende Hilfe für aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzte Menschen, Unterstützung für »lebenslanges Lernen« und beklagt die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen. Bürgern ohne Arbeit müsse ein »menschenwürdiges Leben« ermöglicht werden, »qualitativ hochwertige Sozialleistungen« seien als Grundrecht anzuerkennen.

Dieser und der Antrag der konservativen Abgeordneten Silvia Peneda treten zudem für Mindestlöhne ein. Schon jetzt, so Peneda, seien rund 16 Prozent der EU-Bürger von Armut bedroht. Die Anträge haben allerdings keine gesetzgeberische Wirkung.

Die Vertreterin der sozialistischen Fraktion, Ilda Figueiredo (GUE/NGL), erklärte in der Debatte, sie könne das Zögern der EU angesichts der zu erwartenden Massenarbeitslosigkeit nicht nachvollziehen. Nach einer Prognose der EU-Kommission werden 8,5 Millionen Menschen bis 2010 ihre Arbeitsplätze verlieren.

Auf dem zu einem einfachen Treffen heruntergestuften Sozialgipfel am Donnerstag in Prag sollten die sozialen Folgen der Krise weiter diskutiert werden. Der Europäische Gewerkschaftsbund äußerte sich enttäuscht über die fast völlig fehlende Beteiligung von EU- und Staatspolitikern.

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