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Regierung setzt auf Kohleverstromung

Erste Lesung des umstrittenen CCS-Gesetzes im Bundestag

Die Bundesregierung sieht sich angesichts ihrer Pläne zum massiven Einsatz der CCS-Technik (Abscheidung und Speicherung von CO2) Kritik aus der Opposition und von Umweltexperten ausgesetzt.

»Es ist absolut unumstritten, dass wir die CCS-Technik brauchen«, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Mittwochabend im Bundestag. Genau dies trifft freilich nicht zu, wie sich anlässlich der ersten Beratung des schwarz-roten »Gesetzes zur Regelung von Abscheidung, Transport und dauerhafter Speicherung von Kohlendioxid« (CCS-Gesetz) zeigte. Der Umweltverband BUND, der vor dem Reichstagsgebäude protestierte, spricht von einer »teuren Sackgasse«. »Das CCS-Gesetz dient dazu, dem schmutzigen Brennstoff Kohle einen grünen Anstrich zu geben«, sagte BUND-Energieexperte Thorben Becker. »Es ist vollkommen unklar, ob die CO2-Versenkung in die Erde überhaupt funktioniert und ob sie sicher ist.«

Richtig peinlich für die Bundesregierung: Ihr eigenes Beratungsgremium, der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), fordert einen Stopp des CCS-Gesetzes. Dieses führe dazu, dass die unterirdischen Speicher langfristig blockiert würden. »Wir brauchen diese Speicher in Zukunft aber auch für andere Zwecke, etwa den Ausbau erneuerbarer Energien«, erklärte der SRU-Vorsitzende Martin Faulstich von der TU München. So hänge es von der künftigen Energiepolitik ab, ob die unterirdischen Speicher womöglich für Erdwärme, Druckluft- oder Gasspeicherung gebraucht würden. Statt »übereilten Weichenstellungen« sei ein Gesetz nötig, mit dem zunächst die Erforschung der CCS-Technik vorangebracht werde.

Heftige Kritik gab es auch im Bundestag. Eva Bulling-Schröter (Linksfraktion) sprach von einem »unlauteren Versuch der Energiewirtschaft, die Ära der Kohleverstromung um weitere 50 Jahre zu verlängern«. Die Bundesregierung wolle eine »Hochrisikotechnologie« dauerhaft etablieren. Die Linkspolitikerin kritisierte zudem, dass der Haftungszeitraum für die beteiligten Energiekonzerne auf 30 Jahre nach Schließung der Speicher beschränkt werden solle.

Die Vizefraktionschefin der Grünen, Bärbel Höhn, warnte davor, dass das Gesetz einen »Vorwand« liefere, neue Kohlekraftwerke zu bauen. Die versprochene Nachrüstung mit der CCS-Technik, die frühestens in 10 bis 15 Jahren verfügbar ist, sei zu teuer. Höhn kritisierte die hohen Subventionen für die Energiekonzerne: Die EU stelle drei bis neun Milliarden Euro für CCS bereit, die Bundesregierung bezuschusse neue Kohlekraftwerke beim Emissionshandel mit 15 Prozent der Investitionssumme.

Der Umweltminister zeigte sich von der Kritik unbeirrt: Bei CCS gehe es um die Bekämpfung des Klimawandels, einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und die »Wahrung der Technologieführerschaft Deutschlands im Kraftwerksbereich«, sagte Gabriel, der sich in dieser Frage mit dem Wirtschaftsministerium einig ist. Das meinte er wohl mit »unumstritten«.

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