EU-Treppenwitz

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

Und wieder blickt Europa auf die grüne Insel. Nach dem Ja des Senats in Prag bleibt beim Ratifizierungsmarathon für den Lissaboner EU-Vertrag nur noch eine Station: die Wiederholung des Referendums in Irland. Allerdings zögert Präsident Klaus seine Unterschrift, ohne die die Ratifizierung Tschechiens nicht rechtskräftig ist, hinaus. Der passionierte EU-Gegner hofft auf eine erneute Klage konservativer Parlamentarier vor dem Verfassungsgericht in Brno. In Polen steht die Signatur des Staatsoberhaupts ebenfalls noch aus. Und bei der Erleichterung in Brüssel und Berlin über das Prager Votum fiel fast unter den Tisch, dass ja auch hierzulande das Bundesverfassungsgericht über eine Reihe von Klagen gegen den Lissabon-Vertrag zu entscheiden hat.

Zumindest Klaus will seine Unterschrift vom Ausgang der erneuten Volksabstimmung in Irland abhängig machen. Dabei hätte man dieses Abkommen nach dem demokratischen Nein vor einem Jahr eigentlich zu Grabe tragen müssen. Kritik an der dort verankerten Ausrichtung der EU gab es nicht nur in Irland. Dazu gehört auch das Prinzip der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, das der Vertrag festschreibt. Wohin es führt, zeigt die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise seit Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Gerade auch in Irland, das vom boomenden »Tiger«- zum Pleitestaat mit einem Staatsdefizit von rund 9,5 Prozent mutiert ist, dem höchsten Fehlbetrag aller EU-Länder. Ironie der Geschichte: Nicht zuletzt die Hoffnung auf Hilfe aus Brüssel könnte nun im Herbst zu einer Mehrheit für den Lissaboner Vertrag führen. Meinungsumfragen jedenfalls sprechen dafür.

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