Auf die harte Tour

»Timm Thaler« verkauft im Theater an der Parkaue sein Lachen

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Teuflisch lauert im Hintergrund Hagen Löwe als Baron Lefuet.
Teuflisch lauert im Hintergrund Hagen Löwe als Baron Lefuet.

Armer Timm. Nicht genug, dass sein Vater tot ist, seine Stiefmutter ihn schlägt und der verwöhnte Halbbruder ihn triezt – nun hat er einmal auf der Rennbahn gewonnen, und dann lässt er sich das Geld von zwei Gaunern gleich wieder abnehmen. Sein schönes Lachen ist ihm vergangen, und so willigt der Unglücksrabe sofort ein, als ihm ein gut gekleideter Fremder, angeblich ein Bekannter des toten Vaters, einen Vertrag anbietet: Timms Lachen gegen die Fähigkeit, jede auch noch so absurde Wette zu gewinnen.

Wer Goethes »Faust« kennt oder auch James Krüss’ 1962 erschienenen Jugendroman »Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen«, weiß natürlich, dass aus einem solchen Vertrag nichts Gutes entspringen kann. Timm lernt das auf die harte Tour. Wie, das zeigt die gleichnamige Inszenierung im Theater an der Parkaue, die den Kampf zwischen Gut und Böse atmosphärisch dicht und spannend nachzeichnet, ohne in heiligem Ernst zu ersticken.

Hinter dem geheimnisvollen Baron Lefuet steckt natürlich niemand anderes als der Teufel, wie ja schon der – rückwärts gelesene – Name sagt. Timm aber übersieht das Wortspiel, naiv wie er ist. »Sinnlos. Gegen die Unschuld ist kein Kraut gewachsen!« wird der Satan später seufzen, als er dem Jungen mit Beschwörungen und Feuerzauber vergeblich klarzumachen versucht, auf wen er da hereingefallen ist.

Timm unterschreibt also den Vertrag – und sieht schnell ein, welchen Riesenfehler er gemacht hat. Aus der beliebten Frohnatur ist ein mürrischer Trauerkloß geworden, den alle meiden außer der Stiefmutter, und der geht es nur um den plötzlichen Reichtum, den Timm der Familie erwettet. Der Junge aber will nur sein Lachen zurück und macht sich auf, den Baron zu suchen. Zwar hat er nicht mit der allgegenwärtigen Macht seines Gegners gerechnet, doch findet er Verbündete, die ebenfalls noch eine Rechnung mit dem Baron offen haben. Rund um die Welt geht die Jagd, bis sich am Ende der alte Spruch bewahrheitet: Wer zuletzt lacht, lacht am besten!

Regisseurin Grazyna Kania ist mit dem Bühnenstück nah an der Romanvorlage geblieben, ohne daran festzukleben. Sie beschränkt sich auf das Wesentliche, schildert gerade zu Anfang Timms Umfeld geschickt in ein, zwei musikalisch untermalten Schlüsselszenen und gibt dafür den Charakteren und deren Entwicklung mehr Raum.

Jede noch so kleine Rolle ist glänzend besetzt; neben Johannes Hendrik Langer als Timm Thaler und Hagen Löwe als sein teuflischer Widersacher spielen sich vor allem zwei Darsteller in die Herzen der Zuschauer: Stefan Kowalski und Denis Pöpping geben die allgegenwärtigen »Assistenten« des Barons – in Wirklichkeit zwei finstere Dämonen – mit gekonnter Übertreibung und slapstickhafter Komik. Der eine agiert mit Schmachtlocke und italienischem Akzent als Karikatur des ewigen Dienstleisters, der andere nervt seinen Boss mit dem immer gleichen Vorschlag »Chef, wollen wir nicht einen anderen Jungen nehmen?« Es stimmt halt, was im Stück gesagt wird: Wer die Menschen zum Lachen bringt, hat Macht über die Herzen!

Nächste Aufführungen am 15./18./25./26. Mai, 10 Uhr, 2. Juni, 10 Uhr, 3. Juni, 9.30 Uhr; Theater an der Parkaue, Parkaue 29, Lichtenberg, Tel. 55 77 52 52, Informationen im Internet unter www.parkaue.de

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