Stresstest für US-Banken

Gespannt warteten die Verantwortlichen der 19 größten Banken in den USA am Donnerstagabend darauf, ob sie die Prüfung in Sachen Eigenkapital und Belastbarkeit bei noch schlechterer Wirtschaftslage bestanden haben würden. Die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) verteilte allerdings keine Schulnoten, sondern veröffentlichte eine Liste mit Kapitalerfordernissen. Zehn der geprüften Banken haben nach Ansicht der staatlichen Prüfer nicht bestanden und benötigen zusammen 75 Milliarden Dollar frisches Geld. Allein die Bank of America muss sich 33,9 Milliarden Dollar besorgen. Es folgen Wells Fargo mit 14 Milliarden, GMAC benötigt 12 und Citigroup 5,5 Milliarden. Morgan Stanley braucht laut dem Stresstest zwei Milliarden Dollar. Andere Geldhäuser wie Goldman Sachs, JP Morgan und American Express bestanden den Test ohne weitere staatliche Auflagen.

Tatsächlich hatte sich die Spannung bei der Veröffentlichung der Ergebnisse am späten Donnerstag in Grenzen gehalten, weil schon eine Menge Einzelheiten vorab durchgesickert waren. Unter Analysten werden die Summen zwar als sehr hoch, aber angesichts der Größe der US-Wirtschaft handhabbar angesehen. Wichtig sei, dass sich die Banken »umgehend um eine Kapitalerhöhung am Markt bemühen, damit sie die Löcher stopfen können«, sagte Andrew Busch von BMO Capital in Chicago. »Nach der Rallye am Markt könnte jetzt der beste Moment dafür sein.«

Die Fed erklärte, man werde keine der 19 dem Belastbarkeitstest unterzogenen Banken scheitern lassen. Gleichzeitig gaben die Zentralbanker den Finanzinstituten auf, bis zum 8. Juni Pläne zur Gesundung ihrer Finanzausstattung vorzulegen. »Wir werden sehr genau darauf achten, dass sie uns glaubwürdige Pläne zur Kapitalaufnahme vorlegen, die ihnen erlauben, wieder ganz in private Eigentümerschaft zurückzukehren«, sagte Zentralbankchef Ben Bernanke.

Einige Banken kündigten unmittelbar nach der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse an, sie würden Kapital am Finanzmarkt suchen, um möglichst bald frühere staatliche Hilfen zurückzubezahlen. Die Bank of America teilte das in einer Erklärung mit, in der sie sich selber ein solides Fundament angesichts der gegenwärtigen Umstände bescheinigt. Man werde versuchen, ohne neue staatliche Gelder auszukommen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Walter Massey bezeichnete die »Vorsichtsmaßnahmen der Bankenregulatoren unseres Landes (als) angemessene und ausgewogene Antwort auf die zurzeit herrschende wirtschaftliche Unsicherheit«. Er sei »erfreut«, dass die Kapitalprüfung eine »dringend benötigte Klarheit auf dem Weg hin zu entschlossenem Handeln über die aktuelle Krise hinaus« gebracht habe.

Morgan Stanley kündigte ebenfalls sofort die Aufnahme von fünf Milliarden Dollar Kapital an, darunter zwei Milliarden durch neue Aktien. Wells Fargo will Aktien für sechs Milliarden Dollar anbieten.

Keine dieser Transaktionen kann durch staatliche Garantien abgesichert werden, wenn sie zur Rückzahlung der schon empfangenen staatlichen Hilfen dienen sollen. Darauf hatte die US-Notenbank schon zuvor verwiesen.

Im Stresstest wurden die Bilanzen der Banken daraufhin überprüft, ob sie den Belastungen eines »Worst Case Scenarios« standhalten würden. Ausgegangen wurde dabei von einer Arbeitslosenrate von 10,3 Prozent, einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 3,3 Prozent und einem weiteren Absinken der Häuser-Preise um 22 Prozent. Träfe all dies zusammen ein, dann müssten die 19 untersuchten Banken zusammen 600 Milliarden Dollar abschreiben.

Die Fed hatte im Rahmen des Stresstests rund 200 Prüfer zwei Monate lang in die Banken geschickt. William Black, Wirtschaftsprofessor an der Universität Missouri in Kansas City, meinte, die Zahl sei nicht ausreichend gewesen, um alle »toxischen« Papiere wirklich zu prüfen. »Ein Team dieser Größe könnte allenfalls zwei oder drei große Banken prüfen – und mit Einlagen, die völlig in Ordnung sind.«