Abrechnung nach Verbrauch ist zwingend

Heizkosten

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Herr G. aus Hohenstein-Ernstthal schrieb, dass die Heizkosten in seiner Wohnanlage vermutlich nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch, sondern willkürlich nach so genannten »Plankennziffern« abgerechnet werden. Sein Einwand, dass vom Verwalter nicht nach den Bestimmungen der Heizkostenverordnung gehandelt wird, wurde als »nicht nachvollziehbar« abgewiesen.

Dazu zunächst einige Vorbemerkungen: Wir bitten zu berücksichtigen, dass wir keine Einzelfälle des Mietrechts konkret beraten können und dies auch gar nicht dürfen.

Wir helfen, so gut es geht, mit generellen Ratschlägen zur Orientierung im Mietrecht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. In dieser Gesellschaft muss man für sein Recht streiten. Das kann durch Zusammenarbeit mit anderen Betroffenen erleichtert werden, die ihr Wissen austauschen und z. B. auch Kosten für einen im Mietrecht versierten Rechtsanwalt oder beim Streit vor Gericht gemeinsam tragen.

Hier eine allgemein orientierende Erläuterung über die Zusammensetzung einer Heizkostenrechnung. Im Regelfall werden Wärmelieferverträge für ein Haus oder einen Wohnblock mit folgenden Teilkosten abgeschlossen:

In der Heizkostenrechnung: Anschlusswert, Arbeitspreis und Messpreis, kW und kWh

1. Da ist zunächst der so genannte Anschlusswert des Gebäudes. Die Maßeinheit dafür ist Watt oder Kilowatt (kW). Dazu gehört dann noch ein Tarifpreis in Euro je kW. Das Produkt beider ergibt den Grundpreis für ein Haus.

2. Hinzu kommt der Arbeitspreis. Dessen Höhe errechnet sich aus der verbrauchten Wärmemenge, die in Kilowattstunden (kWh) gemessen wird, und dem zugehörenden Tarifpreis in Euro je kWh.

3. Außerdem gibt es noch den Messpreis (Berechnungsentgelt in Euro pro Tag) für den Unterhalt von Messgeräten und deren Ablesung sowie die Kosten der Rechnungslegung.

Wenn der Wärmeverbrauch in einem Kalenderjahr kontrolliert werden soll, muss der fundamentale Unterschied zwischen der Leistung (Kilowatt) und der Arbeit (Kilowattstunden) beachtet werden. Die im Wohnblock oder in einem Aufgang verbrauchte Wärmemenge steht in den Rechnungen des Wärmeversorgers.

Ein Verbrauch kann überhaupt nicht vorher festgelegt oder „geplant« werden, niemand kann im Voraus wissen, wie lang und wie kalt eine Winterperiode wird. Aus der Anfrage geht hervor, dass der Wohnblock nach einer Umrüstung auf Fernwärmeversorgung zugleich wärmegedämmt wurde. Danach sei gefordert worden, den Anschlusswert auf 31 »MWh« (Megawattstunden) zu senken, was rechnerisch zu geringeren Kosten führt. Darüber gab es Streit mit dem Geschäftsführer, der das als nicht nachvollziehbar bezeichnete. Vielleicht meint der Geschäftsführer bzw. die Hausverwaltung, dass Anschlusswerte nicht in kWh oder in MWh, sondern nur in kW (also ohne Stundenangabe) angegeben werden.

Den Wärmeverbrauch um 40 Prozent verringert, dennoch steigende Kosten

In der Anfrage geht es vor allem darum, warum trotz einer Wärmeeinsparung um rund 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr, dennoch eine monatliche Preiserhöhung von 0,75 Euro je Quadratmeter Wohnfläche auf 0,97 Euro hingenommen werden musste. Vermutlich sind mit »Heizkosten« die von den Heizkostenverteilern an den Heizkörpern angezeigten Einheiten und nicht die Wärmemenge (kWh) gemeint. Die Heizkostenverteiler messen nämlich keine in Kilowattstunden genormten Messwerte, die angezeigten Einheiten müssen erst noch in Kilowattstunden umgerechnet werden.

Wenn trotz weniger angezeigten Einheiten an den Heizkostenverteilern der Wohnungen mehr bezahlt werden soll, kann das auch an erhöhten Preisen für die gelieferte Wärme liegen (die Tarifpreise steigen dann stärker, als der Verbrauch sinkt). Das Sinken der Verbrauchswerte in den Wohnungen garantiert also nicht unbedingt ein Sinken der Heizkosten insgesamt.

Zum besseren Verständnis und Vergleich ein Beispiel aus einer Wohnungsgenossenschaft, die ihren Mietern die Werte aus verbrauchsorientierten Energieausweisen ihres Wohnungsbestandes mitgeteilt hat. Der beste (kleinste) Wert beträgt 55 kWh je Quadratmeter Wohnfläche und Jahr während der schlechteste (größte) Wert bei 296 kWh je Quadratmeter und Jahr liegt. Diese große Differenz ist kein Fehler, sie resultiert aus bautechnischen Unterschieden der Gebäude.

Daneben kann es auch horrende Unterschiede in den Wärmelieferverträgen geben. Bei einem kommunalen Vermieter mit Fernwärmeanschluss seiner Häuser haben die Mieter in direkt gegenüber liegenden Gebäuden als Gesamtpreis für die gelieferte Fernwärme auf der einen Straßenseite 13,6 Cent und auf der anderen Straßenseite 19,6 Cent je Kilowattstunde (kWh) im Jahr 2007 zu zahlen. In einer Entfernung von 500 Metern wurden Mietern (des gleichen Vermieters) für die Fernwärme (vom gleichen Wärmelieferanten) und im gleichen Jahr nur 9,2 Cent je Kilowattstunde in Rechnung gestellt. So groß können allein die Unterschiede sein.

Bei Zweifeln an der Heizkostenabrechnung sollte sachverständiger Rat eingeholt werden, bevor ein unnützer (und teurer) Rechtsstreit ausbricht. Zu beachten ist noch, dass sich Tarifpreise sogar im Laufe eines Jahres mehrfach ändern können. Aus all dem ergibt sich auch: Wer eine Wohnung mieten will, sollte sich unbedingt vor der Unterschrift unter den Mietvertrag, die Betriebskostenabrechnung einer beliebigen Wohnung des Haues als Kopie besorgen und sich die dort angegebenen Kosten der Heizung genau ansehen und notfalls von Fachleuten prüfen lassen.

Heizkostenverordnung kann nicht willkürlich ausgelegt werden

Bleibt noch die Frage nach der Heizkostenverordnung. Die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene neue Heizkostenverordnung gilt für Abrechnungszeiträume, die mit diesem Datum beginnen. Für Abrechnungszeiträume, die davor liegen, gilt die Verordnung von 1989. Jede dieser Verordnungen enthält zwingend die Pflicht zur Verbrauchserfassung bei Wärme und Warmwasser. Das kann nicht willkürlich ausgelegt werden, auch nicht in Mietverträgen. Sollte dennoch nicht nach Verbrauch abgerechnet werden und es liegt kein Ausnahmefall dafür vor, können die Mieter die in Rechnung gestellten Kosten um 15 Prozent kürzen.

HARTMUT HÖHNE

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