Bundessozialgericht: Staat muss bei Impfstudien für ausreichende Information sorgen

Rechtsprechung

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Bei Impfstudien, die ein Pharmaunternehmen für ein neues Serum macht, muss der Staat die Informationen an die teilnehmenden Patienten sorgfältig prüfen. Das hat das Bundessozialgericht klargestellt. Geklagt hatte ein siebenjähriges schwerstbehindertes Mädchen aus Husum in Schleswig-Holstein, das als Säugling gegen sieben Krankheiten geimpft worden war. Außer empfohlenen Impfstoffen war auch ein neues Serum gegen Meningokokken (Hirnhautentzündung) für eine Impfstudie dabei. (Az: B 9 VJ 1/08 R)

Das Mädchen ist heute nach Angaben seines Anwalts zu 100 Prozent schwerstbehindert, hat eine schwere Hirnschädigung und ist geh- und sprachunfähig. Noch ist allerdings nicht erwiesen, ob der Stoff der Firma GlaxoSmithKline für die Behinderung verantwortlich ist. Der Versorgungsanspruch könnte sich auf deutlich mehr als 1000 Euro im Monat belaufen.

Die Richter wiesen den nach Kassel gebrachten Fall zwar an das Landessozialgericht zur Klärung von Detailfragen zurück, legten den Behörden aber eine sorgfältige Kontrolle der an die Patienten ausgegebenen Informationen auf. »Ein Pharmaunternehmen hat ein gewisses Eigeninteresse, möglichst viele Probanden für eine Studie zu finden. Es ist der Staat, der sie vor möglichen Folgen schützen muss«, hieß es in der Urteilsbegründung.

Das Land Schleswig-Holstein verweigert eine Zahlung. »Es war eine Impfstudie ohne öffentliche Empfehlung. Das ist nicht Sache der Allgemeinheit, sondern der Firma«, sagte der Anwalt des Landes.

Der Anwalt des Mädchens argumentierte hingegen, die Ethikkommission der Ärztekammer habe die Impfstudie »durchgewunken«. Eltern ohne medizinische oder juristische Vorbildung müssen dann davon ausgehen, dass alles seine Richtigkeit hat. Das konnten die Bundesrichter wegen mangelnder Fakten nicht prüfen, gaben dem Staat jedoch generell auf, Patienteninformationen auf »Irreführendes« zu prüfen.

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