Schwarz spielt Grün gegen Gelb aus

Taktisches Gerangel im sächsischen Vorwahlkampf

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Wahlkampf soll kurz sein, bevor in Sachsen Ende August ein neuer Landtag bestimmt wird. Ein Vierteljahr vorher beginnt indes jetzt das taktische Vorgeplänkel: Die CDU wägt denkbare Partner gegeneinander ab.

Es wird kein Zeichen geben, wenn sich Sachsens Abgeordnete heute zum vorletzten Sitzungsmarathon vorm Ende der Legislatur treffen. Kein grüner Antrag, der von der CDU durchgewunken wird: »Noch sind wir in einer Koalition mit der SPD«, sagt Fraktionschef Steffen Flath: »Es ist mir nicht erlaubt, bei den Grünen die Hand zu heben.«

Dennoch buhlt nicht mehr nur Flath, der schon vor Wochen mit schwarz-grünen Planspielen einige Aufregung im politischen Dresden hervorrief, um die Bündnisgrünen. Es gebe »große Schnittmengen« in Finanz- und Umweltpolitik, erklärte Ministerpräsident Stanislaw Tillich jetzt einigen Zeitungen – und schoss gleichzeitig der FDP, bisher erklärter Favorit für ein künftiges Bündnis, gehörig vor den Bug: Die Liberalen seien »nicht eindeutig im bürgerlichen Lager zu verorten« und zu sprunghaft, hieß es. Stimmen für die FDP seien für das bürgerliche Lager also »verschenkt«.

Bei den Liberalen, die sich angesichts einer bei 42 Prozent stagnierenden CDU und liebevoller Avancen aus deren Reihen fünf Jahre nach dem Wiedereinzug ins Parlament nun Hoffnungen auf höhere Weihen machen, zahlt man mit gleicher Münze zurück. »Wir wackeln nicht«, sagt Torsten Herbst, parlamentarische Geschäftsführer. Die CDU aber bandele »gestern mit der FDP, heute mit den Grünen und morgen vielleicht mit den Linken an«, sagte er. Parteichef Holger Zastrow hatte zuvor geätzt, wer in Sachsen CDU wähle, könne genausogut auch Lotto spielen.

Bei den Grünen wischt man die Lobhudelei der Unionsspitzen vom Tisch. Sie freue sich, dass diese ihre Partei entgegen früheren Aussagen für regierungsfähig halten, betont Fraktionschefin Antje Hermenau, die zudem einräumt, ein gewisses Faible für politische Konstellationen jenseits der bekannten »Gräben« zu hegen. Tillichs Vorstoß indes hält sie für eine »Drohgebärde« in Richtung FDP, um den Preis für eine Koalition abzusenken: »Er weiß, dass wir der teuerste Regierungspartner wären.« Das vorige Woche von Tillich vorgelegte Zukunftsprogramm »klingt nicht wie ein künftiges schwarz-grünes Regierungsprogramm«, fügte sie hinzu. Hermenau betonte zudem, dass sie nach dem 30. August auch mögliche Angebote zu Koalitionsgesprächen von der LINKEN oder »am liebsten« von der SPD annehmen würde. Eine Koalitionsaussage vor der Wahl gibt es nicht.

Das gleiche gilt für die SPD, die zwar inständig an die Union appelliert, die seit 2004 währende »erfolgreiche« Koalition fortzusetzen, damit aber abblitzt: Teile der Partei seien »immer noch nicht in der Regierung angekommen«, giftete Tillich. Die Aufforderung Flaths an die SPD, sich ebenso klar wie seine Truppen zu künftigen Bündnissen zu äußern, prallt an Fraktionschef Martin Dulig ab. Nach den Vorstößen der CDU in Richtung FDP und Grüne glaube er auch »nicht, dass sie Koalitionen mit der LINKEN ablehnen«. Schließlich habe es etwa in Chemnitz schon Kooperationen bei Bürgermeisterwahlen gegeben.

Ein Bündnis zwischen CDU und LINKEN indes ist in Dresden derzeit eine der wenigen Konstellationen, die für die nächsten fünf Jahre definitiv ausgeschlossen werden. André Hahn, erklärter Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten, nennt die Ablösung der CDU das oberste Wahlziel seiner Partei und lädt Tillich daher nicht zum Bündnis, sondern zum Duell – vor MDR-Kameras. Es sei vielerorts üblich, dass sich »die zwei aussichtsreichsten Kandidaten« gegenüber träten, sagt Hahn – und kratzt an der Ehre des CDU-Mannes: »Wenn er nicht feige ist, wird er sich dem stellen.« Die CDU zeigte ihm gestern indes kalauernd die kalte Schulter: Man habe kein Interesse an »Hahnenkämpfen«.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal