nd-aktuell.de / 28.05.2009 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 14

Vauxhall – Opfer für Opel?

Bei Rettung könnte britische Schwester unter die Räder kommen

Gabriel Rath, London
London scheint den Kampf um die britische GM-Tochter Vauxhall schon verloren gegeben zu haben. Aktives Krisenmanagement jedenfalls ist ausgeblieben.

Erstaunlich gelassen reagiert man in Großbritannien bei den Verhandlungen über die Zukunft von General Motors Europe. Dabei wird auch über das Schicksal der britischen GM-Tochter Vauxhall mitentschieden. Während in Deutschland wochenlang ein Krisengespräch das nächste jagte, blieb die Regierung in London offenbar untätig. Erst in allerletzter Sekunde, am Dienstag, sprach Wirtschaftsminister Lord Mandelson mit der GM-Spitze und ließ danach verkünden: »Wir schließen Staatshilfe nicht aus.«

Das starke Engagement der deutschen Politik für Opel hingegen wird wohl dazu führen, dass der neue Eigentümer von General Motors Europe mit seinen erwarteten Sparplänen anderswo den Hebel ansetzt. Werke gibt es auch in Großbritannien, Spanien, Polen, Belgien und Schweden. Vauxhall betreibt im Vereinigten Königreich zwei Fabriken mit insgesamt 5000 Mitarbeitern. Die Gewerkschaft Unite kritisiert: »Unsere Regierung ist gut im Versprechen und schlecht im Einhalten. Ich bin ernsthaft in Sorge um die Sicherheit unserer Arbeitsplätze«, so Unite-Chef Tony Woodley. Der Stammsitz in Luton gilt laut Experten als akut gefährdet.

Die britische Autoindustrie befindet sich seit Jahrzehnten im Niedergang, nur mehr eine Handvoll Nischenproduzenten ist geblieben. Die großen Marken gehören alle längst ausländischen Konzernen. Zuletzt wurde die Traditionsmarke Jaguar 2008 an die indische Tata-Gruppe verkauft.

Anders als in Deutschland gibt es also einen gewissen »Gewöhnungseffekt« gegenüber Autokrisen. Wer in Großbritannien Autos herstellt, wie die großen japanischen Konzerne, hat massive Probleme: Im April lag der Absatz um 56 Prozent unter dem des Vorjahres. Große Hersteller wie Nissan oder Honda haben seit Jahresbeginn die Produktion eingestellt, selbst bei Mini gibt es Kurzarbeit. LDV, ein Hersteller von Kleinlastwagen, musste Konkurs anmelden.

Zudem hat sich die britische Politik monatelang derart auf die Verhinderung eines Zusammenbruchs der Finanzwirtschaft konzentriert, dass für die Industrie weder Zeit noch Geld blieb. Schließlich versprach Mandelson 2,3 Milliarden Pfund (2,6 Milliarden Euro) an Garantien für die Autoindustrie. Die Verhandlungen mit Tata verlaufen aber offenbar alles andere als harmonisch und sind bis heute nicht abgeschlossen. Im April versprach die Regierung zudem eine Verschrottungsprämie nach deutschem Vorbild, doch wegen administrativer Hürden kommt das Geld bis heute nicht zur Auszahlung.

Vauxhall schien man dabei beinahe vergessen zu haben. Stiefmütterliche Behandlung ist das Unternehmen aber gewöhnt: Als der Betrieb 1925 von GM übernommen wurde, stand er an der Weltspitze. 40 Jahre später machten die Autos eher als rollende Rostlauben von sich reden. Erst seit Vauxhalls nur noch rechtsgelenkte Opels sind, stimmt die Qualität wieder – doch nun könnte es zu spät sein.