nd-aktuell.de / 28.05.2009 / Kultur / Seite 13

Leseprobe

Ein neues Europa

Inmitten globaler Krisen – der Finanzkrise, der Lebensmittelkrise, der Klima- und Energiekrise, der Verteilungskrise – steckt der Global Player EU nicht zufällig auch in einer demokratischen Legitimationskrise. Das Vertrauen der Menschen in die europäischen Institutionen ist gering, das Demokratiedefizit notorisch ...

Das schwache Vertrauen der Bevölkerung ist verständlich: Die EU hat uns nicht vor der Globalisierung geschützt. Durch die Deregulierung der Finanzmärkte und die blinde Liberalisiereung des Kapitalverkehrs verschuldete sie sehenden Auges die Ansteckung mit der Finanzkrise. Zur Klima- und Energiekrise leistet die EU aufgrund ihres übermäßigen Ressourcenverbrauchs einen wesentlich größeren Beitrag als die meisten anderen Wirtschaftsräume. Die Agrar- und Handespolitik der EU hat zur Verschärfung des Welthungerproblems beigetragen.

Die EU ist die Globalisierung: als treibende Akteurin in der Welthandelsorganisation WTO, als Anwältin »freier« Finanzmärkte, als mächtige Gläubigerin. Ihre Mitgliedstaaten zählen zu den stimmenstärksten Aktionären der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds IWF ... Bei einem Weiter-So wird sich die EU zu einer ernsthaften Gefahr für den Weltfrieden entwickeln ...

Wir sind der Ansicht: Die Europäische Union braucht mehr Demokratie und eine neue Zielrichtung! ... Es geht nicht nur darum, die EU zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, vielmehr soll sie ein sozial und ökologisch nachhaltiger Wirtschaftsraum werden, dessen Wohlstand nicht auf der Ausbeutung der Ressourcen und Menschen im globalen Süden beruht. Die Ziele und die künftige Ausrichtung der Union müssen Gegenstand einer breiten öffentlichen Debatte sein. Als Beitrag zu dieser legen wir in diesem Sammelband unsere konkreten Vorstellungen und unsere Visionen einer sozialen, ökologischen, friedlichen, solidarischen und vor allem demokratischen EU vor.

Aus der Einleitung des von Attac herausgegebenen Bandes »Wir bauen Europa neu. Wer baut mit?« (Residenz Verlag, 224 S., br., 16,90 €).