nd-aktuell.de / 28.05.2009 / Kultur / Seite 10

Antisemit

UNESCO-Chef

Jürgen Amendt

Eigentlich war die Entscheidung schon gefallen: Faruk Hosni (Foto: dpa), bislang ägyptischer Kulturminister, soll im Oktober neuer Generalsekretär der UN-Kulturorganisation UNESCO werden. Um Kampfkandidaturen für diesen Posten zu verhindern, wurde zwei Jahre lang diskret nach einem mehrheitsfähigen Kandidaten gesucht. Auch Israel, das lange wegen Hosnis antiisraelischer Einstellung Vorbehalte gegen den 71-jährigen Politiker hatte – Hosni hatte in der Vergangenheit u. a. Israel abgesprochen, je einen Beitrag zur Zivilisation geleistet zu haben –, gab vor zwei Wochen seinen Widerstand gegen eine Kandidatur Hosnis auf. Turnusgemäß steht den arabischen Staaten der UNESCO-Chefposten zu.

Eine solche Form der Kandidatenkür nennt man gemeinhin Diplomatie. Der aber kam jetzt der Kandidat selbst in die Quere, genauer gesagt: sein mehr oder weniger offen geäußerter Antisemitismus, der in einem Brief dreier französischer Intellektueller vor wenigen Tagen öffentlich angeprangert wurde. Seitdem zerbrechen sich die Politiker auch hierzulande den Kopf darüber, ob ein Mann, der jüdische Bücher verbrennen würde, sich für eines der wichtigsten Kulturämter der Welt eignet.

Die Antwort auf die Frage ist denkbar einfach: Nein! Ganz so einfach ist allerdings die Beantwortung der Frage, ob Hosni deshalb den Posten des UNESCO-Chefs nicht erhalten sollte, allerdings dann doch nicht. Moralische Kategorien spielen bei politischen Entscheidungen nur selten eine Rolle, und manchmal führt die Moral zum Gegenteil des Angestrebten. Was ist denn besser: Ein sich als Antizionist gebender ägyptischer Kulturminister, der lediglich in den Grenzen seines Staates sein Unwesen treiben oder ein verbrämter Antisemit auf dem Stuhl einer UN-Organisation? So betrüblich die Antwort ist, die zweite Option hat gegenüber der ersten klare Vorteile: Zum einen hätten jene ägyptischen Intellektuellen einen Minister los, dem sie vorwerfen, die ägyptische Kultur in seiner Amtszeit ruiniert zu haben (in Deutschland klappt dieses Prinzip ja auch mit dem Abschieben von Politikern nach Brüssel). Zum andern könnte Hosni seine antisemitischen Äußerungen schwerlich noch als Israelkritik verkaufen. Er müsste sich erklären.