Sonderschule

Jürgen Amendt über den Gymnasiumzugang

  • Lesedauer: 2 Min.

Der rot-rote Senat hat die Aktion »Wasch mich, aber mach mir den Pelz nicht nass« erfolgreich abgeschlossen. Das Gymnasium, jene Sonderschule, die die Kinder von der Mittelschicht aufwärts zum Abitur traktiert, bleibt erhalten. Die Gymnasien dürfen weiterhin Schüler, die sie für ungeeignet halten (welch Euphemismus für die Demütigung von Kindern), von der Schule verweisen, wenn sie nicht schon darüber, dass sie sich einen Teil ihrer Schüler selbst aussuchen dürfen, für die nötige Exklusivität gesorgt haben. Die Gymnasiallehrer können also aufatmen. Ihnen wird auch in Zukunft nicht allzu viel pädagogische Profession zugemutet. Aufatmen kann aber auch das bildungsbewusste Bürgertum. Seine Kinder bleiben auch weiterhin weitestgehend unter sich, denn diese werden sich wie bisher über den Elternwillen am Gymnasium festsetzen.

Einen Wermutstropfen hat Bildungssenator Zöllner dann aber doch ins Champagnerglas tropfen lassen: Das Losverfahren, mit dem bei zu viel Nachfrage die Hälfte der Plätze vergeben werden soll, birgt ein Risiko: Die bildungsbewussten, am sozialen Aufstieg orientierten Eltern aus Neukölln, Kreuzberg oder dem Wedding könnten auf diese Weise ihren Getto-Nachwuchs doch noch ins Gymnasium schmuggeln. Zumindest für eine kurze Zeit – bis zum Ende des Probejahres – kommt auf die Gymnasien viel Arbeit zu. Im Ernst: Es wäre besser gewesen, Zöllner hätte sich für einen Numerus clausus entschieden. Nicht, dass ein NC gerechter wäre, die Ungerechtigkeit wäre damit nur deutlich benannt worden.

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