Geisterfahrer

  • Dieter Janke
  • Lesedauer: 2 Min.

Ernsthaftes Nachdenken über die Zukunft der öffentlichen Haushalte führt angesichts der bereits jetzt absehbaren Etatlöcher an möglichen Steuermehreinnahmen nicht vorbei. Insofern ist DIW-Chef Klaus Zimmermann durchaus auf der richtigen Spur – anders als jene Politiker, die mit Blick auf anstehende Urnengänge durch Ankündigung von Steuersenkungen derzeit das Blaue vom Himmel versprechen. Doch dann fährt der Wirtschaftsprofessor in die falsche Richtung. Ihm fällt nichts weiter ein als eine nochmalige Erhöhung der Mehrwertsteuer, die in ihrem Umfang den heftig umstrittenen schwarz-roten Coup vom Januar 2007 noch weit in den Schatten stellen würde. Zimmermanns Verweis auf die skandinavische Praxis zeugt von einer äußerst selektiven Wahrnehmung, welche die Gesamtstruktur in Nordeuropa bei Steuern und Abgaben wie auch die durch sie finanzierten Leistungen für die Bürger ignoriert.

Nach der Intention des DIW-Chefs soll die wichtigste Verbrauchssteuer jedoch vornehmlich zum Stopfen von Haushaltlöchern genutzt werden, auch weil sie durch den Fiskus relativ leicht zu handhaben ist. Zugleich ist sie – anders als die Einkommensteuer – völlig blind für die sehr unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Steuerbürger. Eine Erhöhung um fast ein Drittel wäre ein weiterer Schlag gegen die soziale Gerechtigkeit und auch für die Not leidende Binnenkonjunktur. Mit seinem Vorschlag erweist sich Zimmermann einmal mehr als finanzpolitischer Geisterfahrer.

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