Kündigung wegen Volksverhetzung

Arbeitsrecht

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Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) hat die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers für rechtmäßig erachtet, der im Betrieb an der Toilettenwand volksverhetzende Parolen antisemitischen Inhalts sowie gegen Kollegen türkischer Abstammung verfasst hatte. So der Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn aus Stuttgart, unter Hinweis auf das Urteil vom 25.3.2009, Az.: 2 Sa 94/08.

Im konkreten Fall war der Kläger durch Einholung eines Schriftgutachtens überführt worden, folgende Parolen auf der betrieblichen Toilettenwand verfasst zu haben: »Die Juden haben wir nur vergast!« und »Aus den Türken machen wir Fernwärme«. Der Betriebsrat meldete unter Bezugnahme auf die lange Betriebszugehörigkeit des Klägers Bedenken an und empfahl stattdessen, es mit einer Abmahnung gut sein zu lassen. Nach Erhalt dieser Stellungnahme kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31.12.2008, wogegen sich der Arbeitnehmer mit dem Hinweis wandte, die ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Damit hatte er nun auch vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg keinen Erfolg. Dieses bestätige das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart in vollem Umfang. Das Arbeitsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Insbesondere habe das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt, dass bereits die vom Kläger an die Toilettenwand geschriebenen Zeilen, insbesondere die beiden letzten Zeilen, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Die mit Ausrufezeichen versehenen und an Menschenverachtung kaum mehr zu überbietenden Zeilen erfüllten den Straftatbestand der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und seien geeignet, den Betriebsfrieden zu stören.

Diese Wandschriften in einer stark frequentierten Herrentoilette eines Betriebes mit mehreren tausend Arbeitnehmern erfülle die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB »geeignet den öffentlichen Frieden zu stören« und »den Angriff auf die Menschenwürde anderer«. Eine derart begangene Straftat sei grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Zwar habe grundsätzlich vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung zu ergehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei eine Abmahnung jedoch u. a. dann entbehrlich, wenn es sich um schwerwiegende Pflichtverletzungen handele, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar sei. So liegt es hier: Der Kläger konnte und durfte nicht erwarten, dass der Arbeitgeber solche schwerwiegenden rassistischen Äußerungen dulde oder hinnehme.

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