Stabilitäts-Illusion

  • Dieter Janke
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass aus der Seine-Metropole ein kreativerer Umgang mit den Maastrichter Defizitkriterien gefordert wird. Neu indes ist der Hintergrund, auf dem die französische Wirtschaftsministerin Lagarde ein zentrales Problem des Stabilitätspaktes zur Diskussion stellt. Die Eurozone durchlebt derzeit die gravierendste Rezession der Nachkriegsgeschichte. Im Maastrichter Vertragswerk von 1992, mit dem sich die Teilnehmerländer im Interesse einer möglichst harten Einheitswährung auf eine strikte Haushaltsdisziplin verpflichteten, ist jedoch ein solches Szenario negativer Wachstumsraten gar nicht vorgesehen. Sinnigerweise nennt er sich »Stabilitäts- und Wachstumspakt« und geht von beständiger Prosperität aus, die eben am besten durch die Stabilität der Währung gesichert sei. Eine pure Illusion – die Realität sieht derzeit anders aus. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn sich die Eurostaaten strikt an die Schuldenobergrenze von drei Prozent gehalten hätten. Sparorgien und das Abschmieren der Wirtschaft hätten sich gegenseitig verstärkt, mit kaum mehr beherrschbaren sozialen Folgen.

Nicht nur in Deutschland verspricht man indes, rasch wieder auf den Pfad der (Stabilitäts)Tugend zurückzukehren, sobald die Krise vorüber ist. Man begreift nicht, dass eine Politik, die das Sparen zum obersten Staatsziel erklärt, zu den Ursachen der derzeitigen Krise gehört – und will das wahrscheinlich auch gar nicht. Die Verteilungskämpfe der vergangenen Jahre könnten sich daher lediglich als milder Vorgeschmack auf die noch bevorstehenden erweisen.

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