Erleichterung vor dem Fall?

Opel-Investor Magna will Kosten senken und 11 000 Stellen abbauen

  • Lesedauer: 3 Min.
Nach der Einigung über ein Rettungskonzept für den Autobauer Opel und der Gründung einer Treuhandgesellschaft geht es nun um die Details – und die Zukunft der Werke und der Beschäftigten.

Rüsselsheim/Eisenach (dpa/ND). Nach der Einigung mit dem Zulieferer Magna steht Opel nach Betriebsratsangaben vor einem »harten Sanierungsweg, der Arbeitsplätze kosten wird«. Zwar sei das österreichisch-kanadische Unternehmen immer der Wunschkandidat der Rüsselsheimer gewesen. Dennoch werde Opel mit Magna »kein Land, in dem Milch und Honig fließt«, sagte Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz am Dienstag im »ZDF-Morgenmagazin«. Bei einer Zusammenarbeit mit Fiat wäre Opel allerdings wegen weltweiter Überkapazitäten in eine dramatische Lage gekommen.

Der Betriebsratschef erwartet nach dem Zuschlag für Magna schwierige Verhandlungen. Man wolle aber versuchen, die Einsparungen »sozialverträglich« hinzubekommen. Oberstes Gebot sei dabei ein europäisches Geschäftsmodell. Nötig sei in den nächsten Wochen viel Detailarbeit: Dazu gehörten Antworten auf die Frage, welche Fahrzeuge in welchem Volumen an welchem Standort produziert würden. Geklärt werden müsse auch, für welche Modelle es Nachfolgeprodukte gebe und wie eine mangelhafte Auslastung von Werken überbrückt werden könne.

In dem am Pfingstwochenende vorgelegten überarbeiteten Konzept von Magna gibt es keine verbindlichen Absprachen zum Jobabbau bei Opel. Aus Regierungskreisen hieß es aber, Magna spreche von einem Abbau von 11 000 der etwas mehr als 50 000 Arbeitsplätze bei General Motors Europe (einschließlich der britischen Marke Vauxhall, aber ohne die schwedische Saab). Davon sollen in Deutschland 2600 Stellen wegfallen.

Nach der Einigung auf ein Rettungskonzept für Opel herrschte im Eisenacher Werk Erleichterung. »Die schwerste Etappe liegt hinter uns«, sagte der Betriebsratschef des Eisenacher Opel-Werkes, Harald Lieske. Mit der geplanten Übernahme durch Magna werde Vertrauen und Zeit gewonnen. Die Übernahme löse aber nicht alle Probleme. Jetzt komme es darauf an, wie die Produktion der Fahrzeugmodelle verteilt werde, sagte Lieske. Davon hänge die Beschäftigung an den Standorten ab.

Im Stammwerk Rüsselsheim bei Frankfurt am Main war schon bei der samstäglichen Sonderschicht für die Produktion des neuen Mittelklassemodells Insignia die Stimmung deutlich gelöster als in den Tagen der Ungewissheit zuvor. »Wir sind erfreut, dass Opel gerettet ist. Wir haben alle Familie, da war die ganze Zeit Stress«, sagte ein Kollege aus der Insignia-Produktion vor der Fahrt ins Pfingstwochenende auf dem Parkplatz vor dem Werk.

Nach der Entscheidung für den Zulieferer Magna gab es auch vor dem alten Opel-Haupteingang am Bahnhof wieder Mitarbeiter, die über ihre Gefühlslage berichten: »Die Stimmung ist jetzt schon viel besser, auf jeden Fall.«


Offene Fragen

Beim Opel-Neuanfang liegt Vieles im Dunkeln. Die pfingstliche Einigung besteht lediglich in einem dreiseitigen, rechtlich nicht bindenden Vorvertrag. Ins Leben gerufen ist nun eine Treuhandgesellschaft, die die Details aushandeln soll. In den Beirat entsenden die Bundesregierung und General Motors (GM) je zwei Mitglieder. Als neutraler Vorsitzender soll der Präsident der US-Handelskammer in Frankfurt, Fred Irwin, fungieren.

Auch im neuen Opel-Konzern soll die Ex-Mutter Großaktionär bleiben. GM erwartet Lizenzeinnahmen für aktuelle Modelle und dürfte, da man selbst künftig auf kleinere Autos setzt, die Opel-Konkurrenz vom Heimatmarkt USA fernhalten wollen. Der kanadisch-österreichische Autozulieferer Magna setzt aufs Sparen – kurzfristig benötigte Finanzmittel von 300 Millionen Euro wurden nun doch von Bund und Ländern aufgebracht. Die russische Sberbank soll im Kreml-Auftrag die heimische Autoindustrie via Opel voranbringen, der angeschlagene Autokonzern GAZ freut sich schon auf Opel-Technologie. Die deutsche Politik als Zwischenfinanzierer hofft, dass der Stellenabbau vor allem im Ausland stattfindet. ND

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