nd-aktuell.de / 04.06.2009 / Brandenburg / Seite 17

Nebenkosten treiben Mieten hoch

Senatorin Junge-Reyer: Berlin bleibt eine Stadt mit bezahlbaren Wohnungen / Neuer Mietspiegel

Andreas Heinz
Nebenkosten treiben Mieten hoch

Zufrieden schaute Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern in die Runde. Vor ihr lag der Mietspiegel 2009, ihr gegenüber saßen die Vertreter der sechs Mieter- und Vermieterverbände. »Nach mühsamer, aber konstruktiver Arbeit liegt das Werk nun vor«, so die Senatorin. Erstmals seit Jahren war der Mietspiegel wieder von allen Verbandsvertretern unterzeichnet worden.

»Nachdem die Spiegel 2003, 2005 und 2007 von den Mieterverbänden nicht anerkannt wurden, konnte nun ein Verhandlungserfolg erzielt werden«, stellte Hartmann Vetter vom Berliner Mieterverein fest. Der mit den Vermieterverbänden ausgehandelte Kompromiss beim Quadratmeterpreis wird einen »dämpfenden Effekt beim Mietpreis haben«, sagte Vetter. Erstmals werde auch der energetische Zustand des Wohnobjekts berücksichtigt. Damit sei nun auch der erste qualifizierte ökologische Mietspiegel auf dem Markt.

Dem Spiegel zufolge stiegen die Mieten in Berlin seit 2007 durchschnittlich um 1,7 Prozent oder 8 Cent pro Quadratmeter und damit langsamer als in den Jahren zuvor. Im Schnitt wurde eine Miete von 4,83 Euro je Quadratmeter ermittelt. Große Sorgen bereiten allerdings die Betriebskosten, die das Wohnen teuer machen. Ludwig Burkardt vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) blickte sorgenvoll in die Zukunft: »Besonders die höheren Preise für Energie, Wasser und Müll treiben die Wohnungskosten in die Höhe.« Seit 2007 wurden die Betriebskosten laut BBU um rund fünf Prozent pro Jahr erhöht. Die Unternehmen in dem Verband besitzen rund 40 Prozent aller Mietwohnungen in Berlin – den Angaben zufolge mit einer Durchschnittsmiete von 4,71 Euro pro Quadratmeter ohne Betriebskosten. Inzwischen werde zusätzlich schon die Hälfte für Nebenkosten fällig. Vor allem die Wasserpreise gelten als hoch. Für Junge-Reyer dagegen sind die Nebenkosten, zum Beispiel verglichen mit Brandenburg, in Berlin niedrig.

Gerhard Eichmann von der Berliner Mietergemeinschaft stellte fest: »Die Steigerung der Nebenkosten ist horrend. Für Geringverdiener wird es immer enger. Dafür nimmt es die Stadt auf sich, die Mieter mit Wohngeld zu unterstützen. Mietwohnungen für den kleinen Geldbeutel sind kaum noch zu finden«, kritisierte Eichmann. Für die Stadtentwicklungssenatorin stand daraufhin fest: »Wir müssen die Wohnungsbaugesellschaften anhalten, ihre Gebäude so zu modernisieren, dass die Betriebskosten gesenkt werden können. Darauf muss der Senat hinwirken.«

Einmalig sei allerdings, dass je nach energetischem Zustand des Wohnobjekts nicht nur ein Aufschlag, sondern auch ein Abschlag möglich sei. »Das gibt es in anderen Städten nicht«, betonte der Sprecher des Mietervereins. Trotzdem bleibt Berlin für Junge-Reyer eine Stadt mit bezahlbaren Wohnungen. Die durchschnittliche Mieterhöhung um 1,7 Prozent ist nach den Worten der Senatorin der niedrigste Zuwachs seit 15 Jahren. Hartmann Vetter vom Mieterverein sagte, dass die Mieten in Häusern aus den Jahren 1919 bis 1949 um 3,9 Prozent gestiegen seien. Für Wohnungen mit weniger als 40 Quadratmeter müssten bei Neubezug 5,3 Prozent mehr bezahlt werden als 2007.

Für Ingeborg Junge-Reyer liegt das daran, dass diese Wohnungsgröße bei Neuberlinern gefragt sei. »Wer als Single in diese Stadt zieht, sucht sich oft erst mal eine kleine Wohnung mit einem höheren Mietpreis.« Die Mietsituation mit 4,83 Euro pro Quadratmeter sei nach wie vor ein Standortvorteil. In Hamburg müsse mit 6,53 Euro, in München sogar mit 9,90 Euro gerechnet werden. »Selbst unter Beachtung der höheren Nettoeinkommen in diesen Städten liegt die Belastung in Hamburg und München über der in Berlin«, stellte die Senatorin fest. »Berlin bleibt eine Stadt mit bezahlbaren Wohnungen.«

Über dem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 4,83 Euro sind Wohnungen in Charlottenburg (6,25 Euro), Mitte und Prenzlauer Berg (5,72 Euro) zu finden. Nach der Erhebung gibt es auch Wohnungstypen, die billiger geworden sind: 60 bis 90 Quadratmeter große Wohnungen in 80er-Jahre-Bauten im Westen der Stadt und mehr als 200 000 sanierte Wohnungen in den sogenannten Plattenbauten.

  • Der qualifizierte Mietspiegel wird alle zwei Jahre nach wissenschaftlichen Kriterien aufgestellt. An der Auswertung der durch Umfragen gesammelten Daten sind Verbände von Mietern und Vermietern sowie Sachverständige beteiligt.
  • Die Miete wird aufgeschlüsselt nach Ortsteil, Lage und Ausstattung der Wohnung ohne Nebenkosten. Auch das Baujahr des Hauses spielt eine Rolle.
  • Der Mietspiegel dient zur Orientierung für etwa 1,2 von 1,8 Millionen Mietwohnungen in Berlin. Grundlage sind die Preise von rund 12 000 zufällig ausgewählten Wohnungen.
  • Bei einem Streit zwischen Mieter und Vermieter, etwa über Mieterhöhungen, kann der Spiegel eine wichtige Rolle spielen.
  • Der Mietspiegel und die Betriebskostenübersicht sind im Internet unter www.stadtentwicklung.berlin.de abrufbar. Voraussichtlich am 24. Juni soll der Mietspiegel im Amtsblatt veröffentlicht werden.

Quelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung