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»Stubnitz« droht auf Grund zu laufen

Dem Rostocker Kunst- und Kulturschiff fehlen Fördergelder– dabei waren die schon zugesagt

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit 1992 ist die MS Stubnitz, ein ehemaliger Fischtrawler, als schwimmender Veranstaltungsort aus dem Rostocker Kunst- und Musikleben nicht wegzudenken. Jetzt fehlen dem Vorzeigeprojekt eingeplante Fördergelder.

Die Welt ist derzeit seltsam gespalten in Mecklenburg-Vorpommern. In der Realität »A« wird das Füllhorn über den Kommunen ausgeschüttet. Erst vor wenigen Tagen verteilte Innenminister Lorenz Caffier (CDU) in Schwerin über 70 Millionen aus dem Konjukturpaket für Sanierungs- und Bauprojekte. In Realität »B« dagegen wird gespart, bis es quietscht.

Dumm für Urs Blaser, dass »sein« Dampfer ganz eindeutig in in der B-Wirklichkeit liegt, in der Welt der Jugend- und Kulturprojekte, die finanziell auf dem Zahnfleisch gehen. Derzeit liegt die »Stubnitz«, das überregional bekannte Kunst- und Kulturschiff mit Heimathafen Rostock, in Stralsund im Dock. Wie alle fünf Jahre muss das Schiff technisch überprüft werden, damit es weiter fahren darf. Eigentlich hätte das Schiff schon vergangenes Wochenende nach Rostock zurückkehren sollen, um dann zu einer siebenwöchigen Sommerreise nach Dänemark aufzubrechen. Doch nun fehlen Gelder, mit denen Blaser als Geschäftsführer des Betreibervereins fest gerechnet hatte und die ihm auch schon zugesagt worden sind. Schon am Wochenende mussten Veranstaltungen in Rostock abgesagt werden – ein weiterer auch finanzieller Einschnitt. Und sollte die Sommerreise mit einem zweiwöchigen Stopp in Aalborg und fünf Wochen in Kopenhagen nicht zu Stande kommen, »wissen wir nicht, wie es noch weitergehen soll«, sagt Blaser.

Dabei geht es insgesamt gerade mal um 75 000 Euro, die der Stubnitz akut an Liquidität fehlen. Vom Land sollten 25 000 Euro für die Schiffsüberholung kommen und 25 000 Euro an Kulturförderung, die gleiche Summe war von der Stadt Rostock erwartet worden. Doch das Geld ist nicht geflossen. »Das Land schreibt, die Stadt hat ein Problem, die Stadt schreibt, sie habe keines«, sagt Blaser.

Der städtische Teil des Problems ist schwer zu begreifen. Das schon lange in Finanznöten steckende Rostock hat derzeit keinen genehmigten Haushalt. In dieser Lage darf die Stadt eigentlich keine »freiwilligen Leistungen« wie Kulturförderung bezahlen. Es gibt aber eine Vereinbarung mit Schwerin, dass die »Existenz« von Kulturprojekten trotzdem gesichert werden darf. »Warum zumindest das Rostocker Geld trotzdem nicht kommt, ist mir unbegreiflich«, so Blaser.

Auch Steffen Bockhahn, Fraktionschef der Rostocker Linkspartei, ärgert sich über diesen Zustand. »Die Stadt und das Land müssen die überregionale Bedeutung der MS Stubnitz als kulturelles und auch politisches Zentrum erkennen«, fordert er. Das Schiff sei in Mecklenburg-Vorpommern gerade auch als Kristallisationspunkt einer »demokratischen, alternativen« Jugendkultur absolut unverzichtbar.

Wo immer die Stubnitz anlegt, sorgt sie für Aufsehen – und wirbt nebenbei für Rostock und Mecklenburg-Vorpommern. 1992 hat das alte Fischereischiff als mobiler Konzert-, Party- und Kunstraum sein zweites Leben begonnen. Über das Jahr gerechnet ist das Schiff ein halbes Jahr in Rostock und ein halbes Jahr in »Übersee«. Angelaufen wurden neben dem nahen Szczecin oder dänischen Häfen auf der anderen Seite der Ostsee auch schon weiter entfernte Ziele wie das englische Newcastle, Riga oder Petersburg. In diesem Jahr war die Stubnitz schon in Amsterdam.

Teuer ist das Schiff nicht für die öffentliche Hand, laut Blaser liegt deren Anteil am Gesamtbudget bei inzwischen unter 20 Prozent; in den letzten Jahren sei die Eigenleistung stetig gesteigert worden. Inzwischen zählt man 50 000 Besucher jährlich an Bord auf 250 bis 300 Konzerten. Jetzt aber sei der Staat gefordert: »Das ist die schwerste Bedrohung des Projekts seit vielen Jahren«, sagt Blaserund klingt besorgt. Klar scheint bislang nur eins zu sein: Unter das Konjunkturpaket fällt die MS Stubnitz nicht.

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