Wahlkampf im alten Stil

Der omnipräsente Bundeswirtschaftsminister ärgert die SPD

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach der Opel-Einigung und den von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu Protokoll gegebenen Vorbehalten hatte bei der SPD Frohlocken Einzug gehalten. Zu früh, wie sich jetzt zeigt. Der jüngste Wirtschaftsminister aller Zeiten ärgert die Sozialdemokraten weiter mit seiner Omnipräsenz.

Gestern war einer der besseren Tage für zu Guttenberg. »Danke für eine Stunde, die nicht von Warenhäusern und Rettungen geprägt ist«, sagte er denn auch erleichtert bei der Inbetriebnahme eines Solarmodul-Werkes in Osterweddingen bei Magdeburg. Der 37-Jährige macht auch nach der öffentlich eingestandenen Niederlage beim koalitionären Gezerre um die Zukunft der deutschen Opel-Werke mitnichten einen lädierten Eindruck. Opel war gestern, weiter geht's mit Arcandor und all den anderen fast 1200 angeschlagenen Unternehmen, die inzwischen Schlange stehen, um Geld vom Staat abzufassen. Und außerdem hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Opel-Deal ihrem Wirtschaftsressortchef ausdrücklich Dank und Respekt gezollt, sein Parteivorsitzender Horst Seehofer lässt keinen Tag ohne Lob für das Polit-Talent des Newcomers vergehen und die im BDI versammelte Unternehmerschaft stärkt dem Franken in schöner Regelmäßigkeit den Rücken.

Vier Monate vor der Bundestagswahl kann das den Sozialdemokraten einfach nicht gefallen. Mal stichelt Parteichef Franz Müntefering, mal der Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier – und mal Altkanzler Gerhard Schröder höchstselbst. Und zwar auf die ihm eigene Art und Weise. Hatte er 2005 noch eine gigantische Aufholjagd der SPD hingelegt, indem er unter anderem Merkels Wunsch-Finanzminister Paul Kirchhof als »Professor aus Heidelberg« der Lächerlichkeit preisgab, versucht er den Seinen in ähnlich aussichtloser Lage jetzt weiterzuhelfen, indem er vom »Baron da aus Bayern« spricht. Das ist in der Wiederholung weder originell noch erfolgversprechend. Denn anders als der Erfinder der 25-Prozent-Steuer für alle erfährt zu Guttenberg mit seinem Nein zu bedingungsloser Staatshilfe für marode Konzerne auch von ganz normalen Sterblichen Beifall.

Meinungsforscher registrieren das und raten, wie »spiegel-online« berichtet, dem sozialdemokratischen Spitzenpersonal deshalb davon ab, Schröders Vorlage aufzunehmen und sich im Wahlkampf auf den Bundeswirtschaftsminister einzuschießen. Pikanterweise nicht nur, weil sie wenig Vergleichbares zwischen dem Wissenschaftler und dem Adligen ausmachen können – sondern auch, weil Steinmeier nicht von Schröderschem Kaliber sei. Selbst wenn die SPD dem Rat der Demoskopen folgt, bleiben uns 16 zähe Wochen nicht erspart – in denen mal die Sozialdemokraten, mal die Union ihre Vorturner zuerst zu den Belegschaften schicken, um einen kleinen Vorteil aus deren Nöten zu ziehen.

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