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Wenn eine Lebensgemeinschaft auseinander geht

Immobilienteilung – Ausgleichsansprüche

  • Lesedauer: 3 Min.
Wenn Ehegatten geschieden werden, die gemeinsam ein Haus ihr Eigentum nennen, so kann die Trennung schon zu großen Problemen führen. Wie aber erst, wenn die Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen wohnten. Welche Rechte, welche Ansprüche hat dann jeder Einzelne? Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Urteil, das Rechtsanwalt Jürgen Naumann dem Ratgeber zusandte, mit dieser Problematik befasst.

Die Partner lebten von 1995 bis 2002 zusammen und haben eine Tochter. Sie erwarben ein Grundstück, wobei sie Kaufpreis und Grunderwerbssteuer je zur Hälfte aufbrachten, sie wurden beide als Eigentümer »halbe/halbe« im Grundbuch eingetragen. Gemeinsam bauten sie ein Haus.

Die Klägerin verlangte nach der Trennung von ihrem beklagten Lebensgefährten Ausgleich für Leistungen für Grundstückserwerb, Planung und Errichtung des Hauses, die wesentlich höher waren als der finanzielle Beitrag des Beklagten. Da das Landgericht die Klage abwies, war Revision vor dem BGH begründet.

Das Berufungsgericht hatte die Forderung abgelehnt mit der Begründung, das Grundstück stehe im Miteigentum der Parteien, so dass kein Bedürfnis für einen Ausgleich bestehe. Man könne in einem solchen Falle die Leistungen nicht gegeneinander aufrechnen. Diese Ausführungen würden, so der BGH, nicht in allen Punkten rechtlicher Nachprüfung standhalten. Er setzte sich allerdings auch mit früherer höchstrichterlicher Rechtsprechung auseinander.

Nach bisheriger BGH-Rechtsprechung würden gemeinschaftsbezogene Zuwendungen der Partner grundsätzlich nicht ausgeglichen. Nichtehelichen »Gemeinschaften sei, ähnlich wie einer Ehe, die Vorstellung grundsätzlich fremd, für Leistungen im gemeinsamen Interesse könnten ohne besondere Vereinbarung Gegenleistung, Wertersatz, Ausgleich oder Entschädigung verlangt werden«.

Ein Ausgleich kann aber in Betracht kommen, wenn die Partner einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Gerade weil die nichteheliche Gemeinschaft eine Verbindung ohne Rechtsbindungswillen darstellt, sei »ein solcher ... erforderlich«. Ein mitarbeitender Ehegatte erhalte bei Scheidung bereits durch den Zugewinnausgleich einen angemessenen Ausgleich. Bei einer nichtehelichen Gemeinschaft bestünden dagegen weder rechtliche Mitarbeitspflichten noch güterrechtliche Ausgleichsmöglichkeiten. Die Voraussetzungen eines gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs seien nicht erfüllt.

Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung verneinte der BGH grundsätzlich. Die Entscheidung für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bedeute zwar eine Entscheidung gegen die Ehe, enthalte aber keinen Verzicht darauf, Konflikte nach festen Rechtsregeln auszutragen. Der vorliegende Fall erfordert die Antwort auf die Frage, ob Ansprüche nach Beendigung der nichtehelichen Gemeinschaft in Abkehr von bisheriger Rechtsprechung in Betracht zu ziehen sind. Ja, betont der BGH. Das Argument, der leistende Partner einer nichtehelichen Gemeinschaft habe deren Scheitern bewusst in Kauf genommen, mithin nicht auf deren Bestand vertrauen dürfen, vermag nicht länger zu überzeugen.

Dass nur das Vertrauen von Ehegatten in die lebenslange Dauer ihrer Verbindung rechtlich geschützt ist, begründet mit Blick auf die hohe Scheidungsquote eine unterschiedliche Behandlung nicht, konstatierten die Richter. Bei Leistungen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht, ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein Ausgleichsverlangen unter rechtlichen Gesichtspunkten – Wegfall der Geschäftsgrundlage, ungerechtfertigte Bereicherung – begründet ist.

Ein Bereicherungsanspruch komme nicht in Betracht, jedoch ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), genau wie bei einer gescheiterten Ehe, so der BGH. Zum Beispiel dann, wenn die Arbeitsleistungen erheblich über bloße Gefälligkeiten oder das, was das tägliche Zusammenleben erfordert, hinausgehen und zu einem messbaren Vermögenszuwachs des anderen Partners geführt haben. Doch bei nichtehelichen Gemeinschaften ist ein korrigierender Eingriff, so der BGH, nur gerechtfertigt, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. Also werde auf den Maßstab zurückgegriffen, der für den Ausgleich unter Ehegatten, die in Gütertrennung leben, gilt. Es könne jedoch keine Bezahlung, sondern nur eine angemessene Beteiligung am gemeinsam Erarbeiteten verlangt werden.

Die Sache wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das erforderliche Feststellungen, so zur Höhe der Zuwendungen, nachzuholen hat.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 2008, Az. XII ZR 39/06

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