Das Chamäleon

José Manuel Barroso / ist Präsident der EU-Kommission und will es künftig auch bleiben

  • Nissrine Messaoudi
  • Lesedauer: 2 Min.

José Manuel Barroso hat noch nicht genug. Der Liberal-Konservative aus Portugal, der seit Ende 2004 Präsident der EU-Kommission ist, will sein eigener Nachfolger werden. Nach dem Wahlsieg der Konservativen im Europaparlament hat er auch gute Aussichten auf eine weitere Amtszeit. Die konservative Europäische Volkspartei (EVP), zu der auch CDU und CSU gehören, hatte Barroso als neuen Komissionschef vorgeschlagen. Der eifrige Oberkommissar fühlte sich dadurch natürlich »sehr geehrt« und gab am Dienstag offiziell seine Kandidatur für ein zweites Mandat bekannt. Ganz zum Bedauern der Linken und Grünen. Diese wollen den 53-Jährigen nämlich loswerden, indem sie versuchen, eine Mehrheit für eine politische Wende zusammenzubringen.

Die Gründe für die ablehnende Haltung der Grünen und Linken liegt auf der Hand. Sowohl bei der (De-)Regulierung der Märkte als auch beim Klimaschutz fährt der Vater von drei Söhnen einen neoliberalen Kurs. Doch Kritik hagelt es nicht nur aus den Oppositionsreihen. Gegner hat der studierte Politikwissenschaftler auch bei den Sozialdemokraten und Liberalen. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), Poul Nyrup Rasmussen, wirft José Manuel Barroso »totales Versagen« bei der Handhabung der Weltwirtschaftskrise vor. Ähnlich formuliert es Guy Verhofstadt, der frühere liberale belgische Premier – den Deutschland und Frankreich 2004 für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten vorgeschlagen hatten –, in seinem neuen Buch.

Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit bezeichnete Barroso treffend als »Chamäleon«, der jedem nach dem Mund rede. Seine Wandlungsfähigkeit hat Barroso in der Tat schon in frühen Jahren bewiesen. In seinen Anfangsjahren als Politiker war Barroso Aktivist in einer maoistischen Partei. Dann wechselte er ins Lager der Liberal-Konservativen. Er gehört damit zu den nicht wenigen Politikern, die sich von ihrer »besonders linken Einstellung« verabschiedet haben und sich stattdessen als Neoliberale outen.

Wenn Barroso bis 2014 tatsächlich Präsident der EU-Kommission bleibt, »dann ist das eine schlechte Nachricht für Europa«, schrieb die französische Zeitung »Le Monde«.

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