Der Osten holt nicht auf

Der 13. »Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit« offenbart die wirtschaftliche Schieflage

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Heute beschäftigt sich das Bundeskabinett mit dem aktuellen Bericht zur wirtschaftlichen Lage in den neuen Bundesländern. Die Autoren des 200-seitigen Papiers aus dem Hause des ostbeauftragten Verkehrsministers Wolfgang Tiefensee (SPD) ziehen eine ernüchternde Bilanz.

Es war einmal ein Land namens DDR mit »zerschlissenen Straßen und unbewohnbaren Wohnungen«. Als dieser Staat aufgehört hatte zu existieren, konnte das Fundament »für eine nachhaltige und wirtschaftlich dynamische Entwicklung« gelegt werden: Die Einleitung des »Berichtes zur Deutschen Einheit« liest sich wie ein Märchen. Doch leider halten sich die ökonomischen Realitäten zwischen Elbe und Oder nicht an die Vorgaben der Märchenonkel aus dem zuständigen Ministerium. Und so müssen die Autoren bereits im zweiten Kapitel einräumen, dass der wirtschaftliche Abstand zwischen Ost und West »noch immer beträchtlich ist«. Besonders deutlich wird dies bei der wichtigsten ökonomischen Kennziffer, dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf. Hier kommen die neuen Länder nur auf etwas mehr als 70 Prozent der westdeutschen Wirtschaftsleistung. Auch in Sachen Produktivität hinkt man mit mehr als 20-prozentigem Abstand hinterher. Das starke »Aufholwachstum« der frühen neunziger Jahre ist längst verpufft. Dieses Wachstum war, wie die Berichterstatter eingestehen müssen, vor allem vom Bauboom der Nachwende getragen. Als dann im Jahr 2000 die meisten Häuser und Straßen saniert waren, da brach das Wachstum ein, ging sogar wieder leicht zurück. Seit 2002 wächst das BIP erneut, aber auf äußerst bescheidenem Niveau. Zwar beteuern die Autoren, dass die »Angleichung der Lebensverhältnisse« in Ost und West weiterhin das Ziel der Regierung bleibe, doch einen nachhaltigen Aufschwung wird es im Osten kaum geben. Dazu fehlt es an »kapitalkräftigen Unternehmen«, wie es im Bericht heißt. Nach der Zerschlagung der DDR-Kombinate blieben nur kleine und mittlere Firmen bestehen. Denen fehlt es an Geld und Kapazitäten: Weniger als fünf Prozent der industriellen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung werden im Osten getätigt. »In einer Welt des schnellen technologischen Wandels kann dies ein Entwicklungsnachteil sein«, warnt der Bericht. Wer keine Innovationen bieten kann, exportiert auch weniger. Die ostdeutsche Exportquote liegt bei 33 Prozent, während man im Westen auf beinahe 46 Prozent kommt.

Die Angleichung der Löhne lässt ebenfalls auf sich warten. So liegen die Bruttogehälter in den neuen Ländern bei 80 Prozent des Bundesdurchschnittes. Lediglich in Sachen Arbeitslosigkeit liegt der Osten vorn. Die Erwerbslosenquote ist doppelt so hoch wie im Westen.

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