Neun Mal Obama
Theaterfestival:
Yes we can« schreit der dänische Schauspieler als Barack Obama und fällt schließlich ermattet um. Auch seine Berliner Kollegin Meike Droste ist Obama: Weiß geschminkt führt sie die Chicagoer Siegesrede des neuen US-Präsidenten als groteske Floskelsammlung vor. Auf Deutsch, teilweise in einem Irrsinnstempo, auch sie fällt irgendwann um.
Zu sehen war beides beim Finale des ersten Stockholmer Ingmar-Bergman-Festivals an Schwedens Nationaltheater Dramaten: Künstler von neun führenden europäischen Bühnen gingen der Anziehungskraft von Barack Obama als Redner auf den Grund.
»So was habe ich noch nie erlebt«, resümierte Regisseurin Sabine Auf der Heyde. Sie inszenierte mit Droste den Beitrag des Deutschen Theaters zu der Rede, mit der Millionen Menschen Hoffnungen auf Veränderung verbanden. »Für uns war die Rede wie ein gut gemachter Popsong«, erklärte Auf der Heyde. Gut gemacht, aber eigentlich wenig drin. Auch dieser Popsong funktioniere nur auf Englisch: »Wenn ein deutscher Politiker all diese Floskeln aneinanderreihen würde, würden wir uns doch totlachen.«
Dem prinzipiell als »namenlos« auftretenden Regisseur von der dänischen Künstlergruppe »Das Beckwerk« hatten es die »absurden europäischen Heilserwartungen an Obama« angetan. Der Israeli Yigal Sadeh hielt die Rede auf Hebräisch, nur den letzten Satz »Yes we can« sagte er auf Arabisch. Christiane Roßbach und Winfried Küppers vom Düsseldorfer Schauspielhaus hielten sich nicht an die Vorgabe »Nur Obama-Text«. Sie spielten einen Dialog aus Brechts »Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui« über Formen politischer Reden. Ein Satz aus dem Jahr 1941: »Es kommt darauf an, wie sich der kleine Mann seinen Herrn vorstellt.«
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