Integration mit Abstrichen

Bundesregierung verabschiedete turnusmäßigen Bericht

  • Lesedauer: 3 Min.
Seit Jahren schon besteht die Bundesregierung darauf, dass die Integration von Migranten in Deutschland bei ihr in guten Händen sei. Der jüngste Integrationsbericht lässt erneut zweifeln.

Berlin (ND/Agenturen). Die Integration sei »auf dem richtigen Weg«. Stereotyp wiederholte die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) auch am Mittwoch die unverbindliche Einschätzung. Laut einem am gleichen Tag im Bundeskabinett gebilligten Bericht wurden von 2005 bis 2007 besonders im Bildungsbereich Fortschritte erzielt, unter anderem durch einen Rückgang der Zahl ausländischer Schulabbrecher.

Dem sogenannten Indikatorenbericht zufolge sank die Zahl der ausländischen Schulabbrecher von 17,5 Prozent 2005 auf 16,0 Prozent 2007. Mehr als eine halbe Million Menschen hätten sich seit 2005 entschieden, in Integrationskursen des Bundes Deutsch zu lernen. Mehr als zwei Drittel der Prüfungsteilnehmer bestanden den Sprachkurs. Fortschritte registriert der Bericht auch beim bürgerschaftlichen Engagement: So sind in Deutschland geborene Migranten fast genauso häufig ehrenamtlich tätig wie Menschen ohne Migrationshintergrund.

Als Plus verbucht Böhmer auch, dass der Gesundheitszustand von Deutschen und von Migranten sich nicht unterscheide. Es sei allerdings festzustellen, dass Kinder aus Zuwandererfamilien seltener an Früherkennungsuntersuchungen teilnähmen als deutsche Kinder, so die Staatsministerin.

Insgesamt geht aus dem Bericht hervor: Die Lage von Migranten hat sich nicht wesentlich verbessert. Auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt blieben Erfolge erneut aus. Zuwanderer sind doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen wie die Gesamtbevölkerung. Die Arbeitslosenquote lag 2007 bei insgesamt 10,1 Prozent, unter Migranten bei 20,3 Prozent. Zuwanderer sind deutlich häufiger von Armut bedroht: 21,1 Prozent 2007 bezogen sogenannte »Mindestsicherungsleistungen« – im Bevölkerungsdurchschnitt waren es 9,5 Prozent.

Jugendliche aus Zuwandererfamilien finden weiter deutlich schwerer eine Lehrstelle als gleichaltrige Einheimische. Der Anteil der Migrantenkinder, die einen Kindergarten besuchten, liege deutlich unter dem Anteil der deutschen Kinder. Gründe für die Migrationsexpertin der Linken im Bundestag, Sevim Dagdelen, erneut scharfe Kritik zu üben. Der Integrationsbericht zeige »wie viele andere Studien auch das Versagen der Integrationspolitik der Bundesregierung«. Es werde Zeit, dass Böhmer sich »von ihrer einseitigen Fixierung auf Indikatoren« löse, welche die Integrationsleistung der Migranten zeigen sollten. »Wichtiger wären Aussagen über die kaum vorhandene Integrationsfähigkeit der deutschen Institutionen und die Integrationsunwilligkeit der Bundesregierung.«

Böhmer räumte lediglich unververbindlich ein: »Unser Ziel haben wir jedoch noch lange nicht erreicht.« Sie wertete die Untersuchung insgesamt als Bestätigung für den Kurs der Regierung. So habe sich die Situation der in Deutschland geborenen Migranten in vielen Bereichen verbessert. »Sie unterscheiden sich damit von den Migranten der ›ersten Generation‹, die selbst zugewandert sind und teilweise noch erhebliche Integrationsprobleme haben.« Zu den Fortschritten im Bildungsbereich erklärte Böhmer, Bildung sei der Schlüssel für Integration und zugleich das Schutzschild gegen Arbeitslosigkeit. Deshalb sei es wichtig, dass die Länder ihre im Nationalen Integrationsplan gemachten Zusagen einhielten und besonders Schulen mit Migrantenanteil speziell förderten.

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