Vorfahrt für Busse, Bahnen, Radler

Prognose: Verkehr in Berlin und Brandenburg sinkt bis 2025 deutlich

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Obwohl der Autoverkehr in den nächsten 15 Jahren erheblich abnehmen wird, hält Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) an der Verlängerung der Stadtautobahn A 100 nach Treptow fest. Die Trasse werde gebraucht, um den Kfz-Verkehr in der Innenstadt weiter zu reduzieren, sagte sie gestern bei der Vorstellung der Verkehrsprognose für das Jahr 2025. Und in dieser sei die Wirkung der A 100 bereits berücksichtigt, ebenso wie etwa der Bau von S 21, U 5 oder der Straßenbahn durch die Invalidenstraße.

Nach der Prognose, die erstmals gemeinsam mit Brandenburg erstellt wurde, geht das Verkehrsaufkommen bis zum Jahr 2025 in Berlin um vier, in Brandenburg um zehn Prozent zurück. Dies sei vor allem auf den höheren Anteil älterer Menschen, die meist nicht mehr so mobil sind, zurückzuführen, erklärten Junge-Reyer und ihr Brandenburger Amtskollege Reinhold Dellmann (SPD). Im Nachbarland kommt ein deutlicher Rückgang der Einwohnerzahl um etwa 250 000 hinzu.

In Berlin wird es 2025 weniger Autos, dafür mehr Radfahrer und Fußgänger auf den Straßen geben, ergab die Prognose. Trotz leicht ansteigender Motorisierung – die Zahl der Pkw pro 1000 Haushalte erhöht sich leicht von 314 auf 325 – sinkt der Anteil des motorisierten Individualverkehrs von 35 auf 32 Prozent, weil weniger häufig und kürzere Strecken gefahren werden. Der Radverkehr nimmt von von 11 auf 16 Prozent zu, während der Anteil des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) mit 27 Prozent etwa gleich bleiben soll, was Senatsplaner Horst Wohlfarth von Alm als Erfolg wertet. Denn die Zahl wichtiger »ÖPNV-affiner Gruppen« gehe zurück, ebenfalls eine Folge der demografischen Entwicklung. So werden künftig weniger Schüler Bahnen und Busse nutzen. Der Anteil von Fußgängern am Gesamtverkehr soll mit etwa einem Viertel ebenfalls weitgehend unverändert bleiben.

Besonders in der Innenstadt dominiert der öffentliche Nahverkehr. Längere Strecken werden zunehmend mit Bussen und Bahnen, aber auch mit dem Rad unternommen. »Da spielt der Kostenfaktor eine Rolle, Autofahren wird relativ immer teurer«, so der Senatsplaner. Nur in den Außenbezirken bleibe das Auto wichtigstes Transportmittel.

Etwas differenzierter stellt sich die Entwicklung in Brandenburg dar. Der Rückgang des Verkehrs wird vor allem im ländlichen Raum erwartet, im Umland von Berlin wird sich kaum etwas verändern. Mit einem Anteil von 50 Prozent (derzeit 56 Prozent) bleibt das Auto künftig wichtigstes Transportmittel, in dünn besiedelten Räumen wird es sogar leicht an Bedeutung gewinnen. »Wir können nicht in jedes Dorf dreimal am Tag den Bus fahren lassen, da gibt es Grenzen«, so Dellmann. Ansonsten wertet er die Prognose als Bestätigung für die eigene Politik, »den öffentlichen Nahverkehr zielgruppenorientiert zu stärken und bei Straßenbau dort zu investieren, wo Verkehrsprobleme auch langfristig zu erwarten sind«. Und Junge-Reyer sieht den öffentlichen Verkehr als »Markenzeichen der Hauptstadt« und Berlin auf die Entwicklungen im Mobilitätsverhalten der Menschen gut vorbereitet.

Sorge bereitet den Verkehrspolitikern der zunehmende Schwerlastverkehr, der im Transit zumeist nach Osteuropa rollt. Dellmann will ihn möglichst auf Schiff und Schiene bringen, Junge-Reyer ihn auf alle Fälle aus der Innenstadt heraushalten, zum Beispiel durch ein differenziertes Mautsystem. Wer die Stadtautobahn nutzt, sollte mehr zahlen als auf dem Ring und somit »bestraft« werden. Aber dafür brauche es ein Bundeskonzept. »Wir sind mit Tiefensee im Gespräch« so Dellmann.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal