Schwierige Solidarität

1. Mai-Soliarbeit läuft nur zögernd an

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Hinter Gittern wichtig: Besuch von Freunden
Hinter Gittern wichtig: Besuch von Freunden

Wegen der Auseinandersetzungen mit der Polizei am 1. Mai in Berlin sitzen 23 politische Aktivisten im Gefängnis. Neun junge Männer sind jünger als 18 Jahre. Zur Unterstützung rufen linke Gruppen für heute zu einer Kundgebung vor dem Jugendgefängnis Plötzensee auf. Es ist die dritte Solidaritätskundgebung für inhaftierte politische Aktivisten innerhalb einer Woche in Berlin.

Die Inhaftierten sind teilweise mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Sie reichen von schwerem Landfriedensbruch bis zum versuchten Mord wegen des Ausschüttens brennenden Benzins. Eine Anklageschrift liegt noch nicht vor und auch über die politischen Zusammenhänge der inhaftierten Personen ist nichts bekannt. Anja vom Solidaritätskreis sieht keinen Grund für Spekulationen über die juristischen Hintergründe. Die Kundgebungen vor den Knästen sollen den Inhaftierten unabhängig von den Vorwürfen deutlich machen, dass sie nicht vergessen sind, erklärt sie gegenüber ND.

Auf der linken Internetplattform Indymedia wird kontrovers über die Solidaritätsaktionen debattiert. Einige wollten nicht mit Personen solidarisch sein, die aus den »hinteren Reihen Flaschen werfen und dabei noch Demonstranten treffen«.

Die libertäre Gefangenenhilfsorganisation Anarchist Black Cross kritisiert hingegen die zögerlichen Solidaritätsaktionen in diesem Jahr. So habe es mehr als einen Monat bis zur ersten Kundgebung gedauert. Zudem sei dafür nicht mit Plakaten, sondern nur über das Internet geworben worden. Daher habe sich auch die Teilnehmerzahl in Grenzen gehalten. Eine Debatte über die juristischen Vorwürfe als Voraussetzung für Solidaritätsaktionen lehnt Anarchist Black Cross ebenso ab wie die Redaktion des Gefangeneninfo, das vom »Netzwerk für die Freiheit der politischen Gefangenen« herausgegeben wird. In der monatlich erscheinenden Publikation wird dazu aufgerufen, mit den Inhaftieren in Briefkontakt zu treten und sie in ihrem »täglichen Kleinkrieg im Knast« zu unterstützen.

In der Praxis allerdings können vor allem die Personen im Gefängnis mit Solidarität rechnen, die schon vor der Inhaftierung gut vernetzt waren. So arbeiten im Solidaritätskreis für Alexandra R. viele Freunde der jungen Frau mit. Sie sitzt seit 20. Mai wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung im Frauengefängnis Pankow hinter Gittern. Wichtigstes Ziel der Unterstützer ist ihre Entlassung aus der Untersuchungshaft. Darüber soll heute entschieden werden.

Doch nicht alle Inhaftierten können auf solche Solidaritätsstrukturen aufbauen, stellt Barbara Beckmann vom Berliner Ermittlungsausschuss fest. Der »EA« kümmert sich darum, dass die Häftlinge einen Anwalt ihrer Wahl bekommen und versucht, Informationen über die einzelnen Verfahren zu bündeln. Für einige der jugendlichen Häftlinge haben die Eltern Anwälte besorgt, die jedoch nicht mit dem linken EA kooperieren. Das erschwert aus Sicht des EA eine abgestimmte Verteidungsstrategie.

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