Streit um das Kita-Streikrecht

Gewerkschaften kritisieren Einschüchterung / 700 Streikende in Potsdam auf der Straße

  • Lesedauer: 2 Min.

Potsdam (ND/dpa). Ein Protestzug vereinte gestern Vormittag in Potsdam hunderte Erzieherinnen im Kampf für mehr Lohn und einen Tarifvertrag zum Gesundheitsschutz. Mehr als 700 Streikende aus 40 Einrichtungen zählte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf der gemeinsamen Demo und Kundgebung.

Anstatt konstruktiv an Lösungen zu arbeiten, habe der Kommunale Arbeitgeberverband Brandenburg die Bürgermeister zu einer Zwangs- und Bedrohungsstrategie aufgerufen, kritisierte die Gewerkschaft. Leider hätten sich einige Bürgermeister »auf das Glatteis locken lassen und sogar zu rechtswidrigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen gegriffen und Streikwillige mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bedroht«. Damit begründete ver.di auch den Protest vor dem Dienstgebäude des Kommunalen Arbeitgeberverbandes. »Wir lassen uns nicht einschüchtern und zeigen den Arbeitgebern die gelbe Karte, die mit unlauteren Tricks den Tarifstreit in ihrem Sinne beenden wollen«, hieß es.

»Das Streikrecht ist im Grundgesetz und sogar ausdrücklich in der Brandenburger Verfassung garantiert«, erinnerte Astrid Westhoff, stellvertretende Landesbezirksleiterin von ver.di Berlin-Brandenburg. »Wer da von Abmahnungen oder gar Entlassung spricht, versucht Menschen einzuschüchtern, damit sie von ihren Rechten keinen Gebrauch machen.« Marie Luise von Halem von den Grünen, warf den kommunalen Arbeitgebern vor, sich mit Einschüchterungsversuchen gegen streikwillige Erzieherinnen auf das »unterste Niveau« zu begeben.

Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di könnten in Brandenburg von den Streiks in Kindertagesstätten und Horten bis zu 5000 Kinder betroffen gewesen sein. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verteidigte die Fortsetzung der Streiks, da damit weiterer Druck auf die Arbeitgeber ausgeübt werde. Der Vorwurf, die Streiks seien widerrechtlich, treffe auf Brandenburg nicht zu. Urteile in Kiel und Hamburg seien hier nicht relevant.

Dass unter den Streiks auch die Eltern leiden müssten, tue weh, da von ihnen und auch aus den Reihen der Politiker zum Teil große Anerkennung für die Arbeit der Erzieherinnen komme, sagte GEW-Verhandlungsführerin Ilse Schaad. Angesichts starker psychischer wie körperlicher Belastungen der Erzieherinnen wolle die GEW in den Verhandlungen einen individuellen Anspruch auf Gefährdungsanalysen durchsetzen.

Im Inforadio erklärte Klaus-Dieter Klapproth, Geschäftsführer des Kommunalen Arbeitgeberverbands Brandenburg, bei der Frage der Bezahlung herrsche Friedenspflicht. Es gebe keine gekündigten Tarifverträge, deshalb sei der Streik rechtswidrig. Klapproth wies auch die Forderung der Gewerkschaften zurück, eine paritätisch besetzte Kommission mit Entscheidungsrecht zu schaffen. Nur gewählte Stadtverordnete oder Gemeindevertreter seien zu Tarifbeschlüssen berechtigt, dazu gebe es Gerichtsurteile. Klapproth wies darauf hin, dass der Arbeitgeberverband nicht dagegen sei, den Gesundheitsschutz für Erzieherinnen und Erzieher zu verbessern.

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