Stars und Topduelle, aber eine ungeklärte Zukunft

Leichtathletik: 68. ISTAF am Sonntag im Berliner Olympiastadion

Berlin ist der Anfang vom Ende. Wie paradox. Aber: Die sechs europäische Stationen umfassende »Königsklasse« der Weltleichtathletik, die Golden League, nimmt in diesem Jahr erneut ihren Anfang am Sonntag im Berliner Olympiastadion beim 68. ISTAF. Dort werden die rund 65 000 Zuschauer, die der Veranstalter erwartet, zum letzten Mal die Golden League in diesem Premiumformat erleben. Denn ab 2010 löst auf Beschluss des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF die Diamond League die bisherige Golden League ab. Dann geht es auch nicht mehr um einen Millionen-Jackpot aus Goldbarren, sondern um Diamanten.

Streit DLV kontra ISTAF

Noch aber ist unklar, ob sich das ISTAF als die bedeutendste Leichtathletikveranstaltung auf deutschem Boden dieser neuen Serie anschließen wird. Genau darüber ist nun ein heftiger Streit zwischen den ISTAF-Machern um Meetingdirektor Gerhard Janetzky und dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) entbrannt. Janetzky hatte in den letzten Monaten wiederholt deutlich gemacht, dass die Beteiligung des ISTAF an der Diamond League wegen der finanziellen Risiken der auf 13 bis 15 Stationen weltweit ausgedehnten neuen Meetingserie und wegen der ungeklärten deutschen TV-Präsens noch keineswegs sicher ist.

Doch nun wurde Janetzky von der Botschaft des DLV-Präsidenten Dr. Clemens Prokop überrascht, die da hieß: »Ich habe schon bei der IAAF vorgefühlt. Wir werden in Kürze Verhandlungen aufnehmen mit dem Ziel, im kommenden Jahr ein Meeting der Diamond League im Olympiastadion zu präsentieren. Wir könnnen das auch in Eigenregie organisieren.« Also ohne das ISTAF?

Inzwischen ruderte der DLV zurück und stellte in einer Erklärung klar, dass die Forderung nach einem Meeting der höchste Kategorie »nicht gegen das traditionalle ISTAF in Berlin gerichtet« sei. Nun soll am Wochenende ein Gipfeltreffen beider Seiten in Berlin zusammen mit IAAF-Präsident Lamine Diack stattfinden.

Stabhochsprung-Queen dabei

Doch zurück zum Golden-League-Auftakt: Bei der vielgepriesenen Generalprobe für die WM (15. bis 23. August) an gleicher Stelle wird am Sonntag eine »Ein-Tages-WM« mit vielen Stars geboten. Dafür wurde der größte Teil des Etats von 2,7 Millionen Euro investiert.

Angeführt wird die Starterliste von der Stabhochsprung-Queen Jelena Isinbajewa (Russland). Die 27-jährige zweifache Olympiasiegerin (2004 und 2008) und zweifache Weltmeisterin (2005 und 2007) hat bislang 26 Weltrekorde im Freien und in der Halle aufgestellt. 2007 knackte sie als Siegerin auf allen sechs Golden-League-Stationen den Millionen-Jackpot, musste sich den aber mit Sanya Richards (USA) teilen.

Spannendes Hochsprungduell

Daneben stehen etliche Topduelle im Mittelpunkt, die ihren zusätzlichen Reiz daraus schöpfen, dass die Verlierer so gut wie aus dem Jackpotrennen sind. So treffen im Hochsprung die Weltmeisterin Blanka Vlasic (Kroatien) und ihre ärgste Herausforderin Ariane Friedrich (Frankfurt am Main) aufeinander. Für die Siegerin könnte es ein psychologischer Vorteil mit Blick auf die WM in 62 Tagen im gleichen Stadion sein. In diesem Dauerduell steht es nach Siegen 14:4 für die Kroatin, die in Friedrich aber eine »Angstgegnerin« sieht, die ihre letzten zehn Wettkämpfe alle gewonnen hat.

Im Speerwurf wird es ein skandinavisches Duell zwischen dem Norweger Andreas Thorkildsen, 2008 zum zweiten Mal Olympiasieger, und dem Finnen Tero Pitkämäki geben, der amtierender Weltmeister ist. Weiten von über 85 m wären keine Überraschung.

Wer schlägt Weltrekordler?

Dann ist da der äthiopische Langstrecken-Weltrekordler Kenenisa Bekele. Der Doppel-Olympiasieger von 2008 läuft beim ISTAF die 5000 m. Er hat aufgrund eines Ermüdungsbruches im letzten Herbst aber noch nicht die Form früherer Jahre. Eine Chance für die vom Olympiadritten über 5000 m, Edwin Sol (Kenia), angeführte Konkurrenz gegen den fast unschlagbar geltenden Äthiopier?

Ein Höhepunkt dürfte auch der Diskuswurf mit dem zweifachen Olympiasieger und zweifachen Weltmeister Virgilijus Alekna (Litauen), und seinem Nachfolger Gerd Kanter (Estland), der 2007 WM-Gold und 2008 Olympia-Gold holte, werden. In diesem Duell führt Alekna nach Siegen mit 47:8. Vielleicht ist diesmal Vizeweltmeister Robert Harting lachender Dritter? Dann aber müsste der 24-jährige Berliner seine Saisonbestweite (66,93 m) deutlich übertreffen.


Rund um das 68. ISTAF

Historie: Das Internationale Stadionfest (ISTAF) in Berlin wurde am 3. Juli 1921 im damaligen Grunewaldstadion aus der Taufe gehoben. Später fanden einige der ISTAF-Veranstaltungen sogar in der Deutschlandhalle statt. Von 1993 bis 1997 gehörte das ISTAF zur Golden-Four-Serie des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, die 1998 durch die Golden League abgelöst wurde. In diesem Jahr gibt es das 68. ISTAF im Berliner Olympiastadion (Beginn 12.20 Uhr mit dem Vorprogramm).

Golden-League-Stationen: Neben Berlin zählen die europäischen Städte Oslo (3. Juli), Rom (10. Juli), Paris (17. Juli), Zürich (28. August) und das Finale in Brüssel (4. September) zur Golden-League-Serie.

Disziplinen: Die zehn Disziplinen der Golden League sind bei den Männern 100 m, 400 m, 3000 m/5000 m, 110 m Hürden und Speerwurf, bei den Frauen 100 m, 400 m, 100 m Hürden, Hoch- und Stabhochsprung. Daneben wählt der Veranstalter weitere Disziplinen aus, um seine nationalen Stars präsentieren zu können. Das sind beim diesjährigen ISTAF in erster Linie der Diskuswurf der Männer und das Kugelstoßen der Frauen sowie die 4 x 100-m-Staffeln der Männer und Frauen.

Modus: Es geht um einen Goldbarren im Wert von einer Million US-Dollar, ausgelobt von der IAAF. Nur wer auf allen sechs Stationen siegt, knackt den Jackpot oder muss sich den mit anderen Sechsfachsiegern teilen. Gibt es keine sechsfachen Gewinner, kommen die Fünffachsieger zum Zuge, für die aber nur die Hälfte des Jackpots zur Verfügung steht.

Jackpot-Gewinner: Seit Einführung der Golden League 1998 haben 12 Männer und 15 Frauen den Millionen-Jackpot geknackt, teilweise mehrfach. 2008 kassierte die 800-m-Olympiasiegerin Pamela Jelimo (Kenia) als erst dritte Athletin das Geld allein. Zuvor schafften das 2005 Dreispringerin Tatjana Lebedewa (Russland) und 2003 die 800-m-Läuferin Maria Mutola (Mosambik). Die einzige Frau, die zweimal einen Jackpot-Anteil kassierte, ist die 400-m-Läuferin Sanya Richards (USA/2006 und 2007). Bei den Männern strich der marokkanische Mittelstreckenläufer Hicham El Guerrouj gleich viermal (1998, 2000, 2001, 2002) einen Jackpot-Anteil ein.

TV: ZDF live ab 15.05 Uhr. joh

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