Ende des statistischen Fluchs

Bonner Basketballer schlagen Alba Berlin und greifen nach erstem Titel

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 3 Min.

Expertenmeinungen und Statistiken sind sehr beliebt im Sport, doch bedeutsam sind sie selten. Die Halbfinalserie Alba Berlin gegen die Baskets Bonn in der Basketball-Bundesliga hat dies einmal mehr bewiesen. Entgegen aller Voraussagen beendeten die Bonner die eindrucksvolle Aufholjagd des Titelfavoriten und zogen durch ein 82:71 (42:31) in Berlin ins Finale ein. Dort wollen sie gegen Oldenburg den »Fluch des ewigen Zweiten« endlich ablegen.

Zunächst zweifelte kaum ein Experte am Durchmarsch der Hauptstädter, hatte Alba doch die Vorrunde als Erster abgeschlossen und im Pokalfinale Bonn besiegt. Und dann kam noch die Statistik hinzu, dass Bonn bis zum Donnerstagabend nie ein Play-off-Serie gegen Alba gewonnen hatte. Als Bonn jedoch in den ersten zwei Spielen siegreich blieb, konnte Alba nach Expertenmeinung nicht mehr zurückkommen. Einen 0:2-Rückstand hatten die Berliner noch nie aufgeholt. Auch das stellte sich als falsch heraus.

Nach dem 2:2-Ausgleich glaubte wiederum niemand mehr an Bonn. Alba war zu dominant, der Berliner Korb in den Spielen drei und vier wie verschlossen für die Baskets. Doch Bonns Coach Mike Koch hatte endlich den Schlüssel gefunden: Mannschaftsbasketball. »Wir sind endlich als Team aufgetreten, haben mehr gepasst und uns so freie Würfe erarbeitet«, analysierte der Trainer den Sieg.

Dies hatte im dritten Viertel zu einer 20-Punkte-Führung geführt. »Das war das Schlimmste, was uns passieren konnte. Wir haben solche Führungen immer wieder abgegeben«, meinte Koch später. Wahrlich kam Alba in nur fünf Minuten auf sieben Punkte heran, bis Bonn wieder von draußen traf und den Sieg über die Zeit rettete. Dabei bewies Winsome Frazier ein gutes Händchen. Selbst von drei Metern hinter der Dreipunktlinie traf er. »Als ich die ersten Würfe getroffen hatte, haben mir meine Mitspieler gesagt: ›Wirf immer weiter!‹ Und das habe ich getan«, sagte Frazier, der mit 23 Punkten bester Werfer des Spiels war.

Ob die Albatrosse mit dem aktuellen Kader auch in der kommenden Saison spielen, ist fraglich. Doch nicht wie sonst die US-Amerikaner sind die ersten Wechselkandidaten, sondern die deutschen Nationalspieler Patrick Femerling, Philip Zwiener und Johannes Herber, die von Trainer Luka Pavicevic kaum Spielanteile bekamen. »Ich weiß nicht, wie es für mich weitergeht«, sagte Femerling nach dem Aus. Den Wunsch, unbedingt zu bleiben, war nicht zu erkennen.

Wenigstens eine Statistik könnte bestehen bleiben. Eine, die Albas Anhänger seit Jahren den Bonnern entgegen brüllen: »Nie deutscher Meister. Ihr werdet nie deutscher Meister!« Doch Mike Koch hielt dagegen und hofft auf ein Ende des Fluchs: »Wenn wir Alba schlagen, haben wir es verdient den Titel zu holen.« Recht hat er, sagt der Experte.

Play-off-Finalserie (best of five): 1. Spiel: Oldenburg - Bonn (14.6.). 2. Spiel: Bonn - Oldenburg (18.6.), 3. Spiel: Oldenburg - Bonn (21.6.). ev. 4. Spiel: Bonn - Oldenburg (23.6.), 5. Spiel: Oldenburg - Bonn (25.6.).

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