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NATO-Muskelspiele in Nordschweden

Regierung weicht Neutralitätspolitik auf

  • Gregor Putensen
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit Wochenbeginn findet in Norrland, der geografisch fast zwei Drittel des Landes umfassenden Nordprovinz Schwedens, das NATO-Manöver »Loyal Arrow« statt.

Luftstreitkräfte aus zehn NATO-Staaten – darunter den USA und der Türkei – sowie aus Schweden und Finnland sind an den Übungen beteiligt. Vom Manöverzentrum in Luleå am nördlichen Ufer des Bottnischen Meerbusens werden insgesamt 2000 Soldaten auf Trab gehalten, die das militärische Zusammenspiel insbesondere zwischen der NATO sowie Schweden und Finnland einüben sollen. Die Regierungen der beiden nordischen Staaten, die ihrem offiziell deklarierten Status nach gegenwärtig noch als militärisch bündnisfrei betrachtet werden können, lassen jedoch nichts unversucht, in mittelfristiger Perspektive einen Anschluss an die westliche Militärallianz zu erreichen. Hierzu gehört, die im Bewusstsein der Bevölkerung Schwedens und Finnlands mehrheitlich immer noch stark verankerten Neutralitätstraditionen durch Gewöhnung und medienpolitische Ausblendung dieser Problematik zu unterlaufen.

Dies zeigte sich auch im Fall des gegenwärtig laufenden Manövers. Gleichsam im Windschatten der EU-Wahlen und des schwedischen Nationalfeiertages am 6. Juni war zunächst weder im Fernsehen noch im Rundfunk oder in den großen Zeitungen das Manöver ein Thema. Erst als Friedensaktivisten in Luleå auf einer Protestdemonstration zu Manöverbeginn und Mitglieder der Netzwerkes »Ofog« (ironisierend »Unfug«) nach Eindringen auf das Gelände eines Manöverstützpunktes festgenommen worden waren, fanden auch die militärischen Aktivitäten ihre erste spärliche mediale Resonanz. Sie war vor allem entsprechenden Bemühungen der Linkspartei und der Grünen geschuldet.

Die in der Geschichte des Landes bisher größte Luftübung war von der Regierung mit Blick auf die NATO-Beteiligung ohne die eigentlich gebotene parlamentarische Behandlung vereinbart worden. Deshalb wurden von Seiten der Linkspartei und der Grünen die problematischen Aspekte der Manöverentscheidung der Regierung mit heftiger Kritik bedacht.

So untermauern die Übungen, die dem Training der schnellen Eingreiftruppe der NATO dienen, ein wachsendes Niveau militärischer Spannungen an der Nordkalotte Europas und in der Arktis. Sie können von Russland nur als militärisches Muskelspiel verstanden werden, das u.a. Ressourcenansprüche des Westens in der Arktis auf höchst ungeeignete Weise signalisiert. Ihrer Aufgabenstellung nach sind sie weder mit einem UNO-Einsatz noch mit friedensbewahrenden Aktivitäten vereinbar. Darüber hinaus wird der kernwaffenfreie Status Schwedens (zumindest für die Zeit des Manövers) in Frage gestellt, da unklar ist, ob ein beteiligter britischer Flugzeugträger, der in den schwedischen Territorialgewässern agiert, Atomwaffen an Bord hat.

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