nd-aktuell.de / 13.06.2009 / Politik / Seite 5

Was tun nach dem Erfolg?

Rostocks LINKE hat die Wahl gewonnen. Nun wird sie als angebliche Verweigerungspartei unter Druck gesetzt. Der Fraktionschef der Rostocker LINKEN im Interview

ND: Nach ihrem deutlichen Wahlsieg in Rostock steht die Linkspartei mal wieder am Pranger. Sie grabe sich in einer Verweigerungshaltung ein und gefährde die finanzielle Zukunft der Stadt. Steht ihre Absage an Wohnungs- und Unternehmensverkäufe für eine »unrealistische« Politik?
Bockhahn: Im Gegenteil, wir haben immer deutlich gemacht, dass Rostock mehr ein Einnahmen- als ein Ausgabenproblem hat. Die kommunalen Betriebe sind eine wichtige Säule der städtischen Einnahmen. Sie sind Stärken dieser Stadt. Sie durch Verkäufe zu schwächen, ist weder im Interesse der Hansestadt Rostock noch des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Innenminister Lorenz Caffier, der auch Herr über die kommunale Finanzaufsicht ist, sieht das ganz anders. Über die Presse hat er die Rostocker Linkspartei aufgefordert, nun endlich Vermögensverkäufen zuzustimmen.
Ein abenteuerlicher Vorgang, mit dem sich der Minister sehr direkt in die Gespräche über mögliche Bürgerschaftskooperationen einmischt, die jetzt anstehen. Er scheint als künftiger Landesvorsitzender des Wahlverlierers CDU zu handeln. Wir haben in dieser Stadt ein gültiges Bürgerbegehren gegen weitere Privatisierungen, dem die Bürgerschaft beigetreten ist. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Wenn der Minister dennoch etwas anzuregen hat, kann er das tun. Aber ein solcher Kontakt über die Medien ist dazu ungeeignet.

Inmitten der Krise haben Sie als Linkspartei die Wahl gewonnen, nun setzt man Sie massiv unter Druck, eben diese Krise zu exekutieren. Wie geht man mit einer solchen Situation um?
Wir haben mehr Einfluss gewollt. Nun werden wir Gespräche führen, um unsere Vorstellungen umzusetzen. Unser Auftrag ist sehr klar: Es soll keine weiteren Verkäufe kommunaler Betriebe geben. Mit dieser Aussage haben wir unsere Stimmenzahl um ein Viertel gesteigert. Daran werden wir Kooperationen messen.

Wie ist der Stand dieser Gespräche?
Die SPD hat vor der Wahl auch erklärt, keine Vermögensverkäufe zu wollen. Welche Konsequenzen sie nun zieht, muss man abwarten. Wir können uns eine Kooperation mit der SPD und einem weiteren Partner vorstellen. Die Grünen scheinen allerdings eher die alte Kooperation mit SPD und CDU fortsetzen zu wollen. Es gibt in der Bürgerschaft Mehrheiten ohne uns; wenn es sein muss, sind wir weiter eine starke Opposition. Die anderen Parteien müssen sich überlegen, ob sie das Wählervotum akzeptieren oder ein Himmelfahrtskommando starten. Wir sondieren die Lage, Verhandlungen werden wir erst nach dem Kreisparteitag am 18. Juni führen.

Rostock ist hoch verschuldet, es gibt keinen genehmigten Haushalt. Der Innenminister verlangt einen Überschuss von 22 Millionen Euro zum Schuldenabbau. Was heißt das für eine linke Bürgerschaft?
Wir sind uns der Lage durchaus bewusst. Auch eine linke Bürgerschaft müsste strukturelle Veränderungen im Haushalt in Angriff nehmen, es sollte keine Neuverschuldung geben. Ob es allerdings der richtige Weg ist, vom wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des Landes in einer unerwarteten Krise einen Haushaltsgewinn von über 30 Millionen Euro zu erwarten, bezweifle ich. Zu den 22 Millionen gefordertem Schuldenabbau kommen rund zehn Millionen an Einnahmeausfällen hinzu. Vielleicht wird sich der Minister seinerseits bewegen müssen. Ob der Landeshaushalt in diesem Jahr weiter entschuldet werden kann, steht ja auch noch in den Sternen.

Fragen: Velten Schäfer

Steffen Bockhahn, 30, ist Fraktionschef der Rostocker LINKEN, die die Kommunalwahl mit fünf Prozent Vorsprung gewonnen hat.