Die Fledermäuse sehen und hören

Abende für Kinder im Naturschutzbund-Museum Julianenhof

  • Steffi Prutean, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Der kleine Schädel wandert von Hand zu Hand. Vorsichtig betrachten die Kinder den Kopf einer Fledermaus. Währenddessen erklärt Benjamin Nitsche, wie und was die Tiere fressen. Spielerisch versuchen die Kinder, es den flinken Säugetieren nachzumachen und fangen Süßigkeiten mit Mund oder Hand. Die Trefferquote ist nicht hoch. Den Kindern im Internationalen Fledermausmuseum Julianenhof wird klar: Fledermäuse sind geschickte Jäger. Und sie erfahren noch mehr: Man kann die lautlosen Flatterer auch hören – ein sogenannter BAT-Detektor macht das möglich.

»Fledermäuse stoßen Laute durch den Mund aus, manchmal auch durch die Nase«, erklärt Nitsche die »Sprache« von Fransen-, Bart-, oder Zwergfledermaus. »Sie sprechen so hoch, dass wir die Töne nicht hören können.« An dem BAT-Detektor-Abend ist das anders. In der Dämmerung sitzen die kleinen Museumsbesucher vor der Scheune, in deren Dachgewölbe rund 300 Fledermäuse ihre Wochenstube haben, also ihre Jungen zur Welt bringen. Gespannt blicken die Kinder in das weit geöffnete Tor am Giebel. Der Biologe stellt die richtige Frequenz im Detektor ein.

Daraufhin knattert und trommelt es in dem Gerät – die Tiere verständigen sich vor dem Abflug und düsen auch schon über die Köpfe hinweg ins Freie. »Direkt in die Hölle«, sagt Ursula Grützmacher vom Naturschutzbund (NABU) schmunzelnd. Hölle heißt der Wald am Museum. Die Kinder sind fasziniert: »Da!«, schallt es rundherum, und die kleinen Gäste zeigen nach oben. »Verschiedene Arten rufen in verschiedenen Frequenzen«, erklärt Nitsche. Hellere Töne kündigen Zwergfledermäuse an. Der NABU-Regionalverband Strausberg-Märkische Schweiz ist Träger des Museums, das auch eine Sammlung mit Fledermauskästen beherbergt.

Der Kontakt mit Tieren und Natur ist für Kinder nach Überzeugung der Psychologin Marga Henkel-Gessat wichtig für deren Entwicklung. »Sie lernen die Tiere zu schützen und mit ihnen umzugehen.« Den Kindern werde auch Angst genommen, wenn sie sich solchen Tieren nähern können.

Die Fledermäuse müssen in Julianenhof nicht zwangsläufig zur »Hölle« fliegen. Im Fledermausgarten am Museum finden sie auch Nahrung. Dort gedeihen Pflanzen, die Falter, Mücken und Käfer anlocken und damit die Speisekarte für die Fledermäuse bereichern. So zieht das Käfer-Beet mit Goldlack und Kerbel den Speckkäfer oder auch den Zottigen Bienenkäfer an. Pfingstrose oder Nachtkerze wiederum locken andere Insekten – ganz nach dem Geschmack der fliegenden Säuger.

Als Naturfreunde Anfang der 1990er Jahre in Brandenburg Sommer- und Winterquartiere sowie Wochenstuben von Fledermäusen registrierten, waren sie auch im verfallenen Gutshof Julianenhof im Naturpark Märkische Schweiz. Gleich acht Arten stellten sie dort fest, berichtet Grützmacher. »Darunter ist die vom Aussterben bedrohte Mopsfledermaus.« Landesweit sind nach Angaben der Naturschutzstation Zippelsförde 18 Fledermausarten nachgewiesen.

Naturschützer richteten die Anlage in Julianenhof Schritt für Schritt her; Brandenburg und die EU halfen mit Fördergeldern. »Stall und Eiskeller wurden saniert und der Garten angelegt«, erzählt Grützmacher. 2006 öffnete das Museum, das keine fest angestellten Mitarbeiter hat. Der Ausbau soll weitergehen. »Wir sind auf Spenden angewiesen.«

Auch nach zwei Stunden ist Nitsche noch von Kindern umringt: Wie bekommen Fledermäuse ihre Jungen? Wann verlassen sie die Wochenstube? Und was ist mit den Geschichten von blutrünstigen Vampiren? Die seien erfunden, beruhigt Benjamin Nitsche. Es gebe aber in Südamerika Fledermäuse, die sich von Blut ernährten und es bei Rindern lecken. »Die eigentlichen Vampire haben wir um uns«, meint der 30-Jährige und zeigt auf die Mücken, die regelmäßig zur Abendstunde aktiv werden.

Fledermausmuseum, Julianenhof 15B, 1. Mai bis 5. Oktober täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet, Eintritt frei, BAT-Detektor-Abende für Kinder am 20. Juni und 4. Juli

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