EU-Zeugnisse

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

EU-Kommissionspräsident Barroso hat sich gestern mit einem Schreiben an die Brüsseler Gipfelrunde der Staats- und Regierungschefs für eine zweite Amtszeit empfohlen. Dort findet der gefügige Portugiese viel Rückendeckung. Der grüne Spitzenmann Cohn-Bendit hält ihn, um es salopp zu formulieren, für eine ziemliche Pfeife – und steht damit nicht allein im Europaparlament. In seinem Bemühen um eine Ablehnungsfront gegen Barrosos Wiederwahl führte er zuletzt neben politischen und fachlichen Gründen noch einen weiteren an: Der Kommissionspräsident dürfe nicht mehr nach den Regeln des derzeit gültigen Nizza-Vertrages bestimmt werden, sondern das solle am besten vorausblickend schon nach dem neuen EU-Vertrag von Lissabon geschehen. Nur ist das umstrittene Grundsatzdokument seit dem Referendums-Nein der Iren überhaupt noch nicht in Kraft.

Um das zu erreichen, werden die anderen Mitgliedstaaten Dublin die gewünschten Garantien geben, von der Unantastbarkeit des Abtreibungsverbotes über die Autonomie bei der Steuergesetzgebung bis zur Neutralität in Verteidigungsfragen. Mit diesen Trümpfen in der Hand, glaubt die irische Regierung, werde man im zweiten Anlauf die notwendige Mehrheit im Volke finden. Zur Not will man auch auf die ursprünglich geforderte Unterzeichnung von Zusatzprotokollen verzichten. Denn das hieße erneute Parlamentsdebatten in den 27 EU-Staaten. Und öffentliches Nachdenken über den Zustand der Union kann schnell aus dem Ruder laufen, wie die Erfahrung lehrt. Am Ende könnte man sich schon fragen, was eigentlich das größere Armutszeugnis für diese EU ist.

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