Wahlbetrug in Madrid?

Linke Liste hat Europawahl angefochten

  • Ralf Streck, San Sebastian
  • Lesedauer: 2 Min.
Die »Internationalistische Initiative Solidarität unter den Völkern« (II-SP) hat das Ergebnis der Europawahlen in Spanien angefochten, weil es zu vielen Unregelmäßigkeiten gekommen und die »minimalen demokratischen Garantien« nicht gegeben gewesen seien. Die linke Liste spricht von »Wahlbetrug«.

Es gibt inzwischen einige Indizien für manipulative Bemühungen, den Einzug der neuen linken Liste ins Europäische Parlament und damit auch ihr Werben dort für eine friedliche Lösung des baskischen Konflikts zu verhindern. Auf eines wies die Anwältin Doris Benegas hin, die als Abgeordnete für die II-SP nach Straßburg gehen sollte. So wurde die Liste im Gesetzblatt als 31. Partei geführt, und unter dieser Ziffer tauchte sie auch auf Wahlzetteln und in anderen Dokumenten auf. In den Papieren regionaler Wahlräte wurde die II-SP dann aber plötzlich an 30. Stelle aufgeführt. Damit könne ein Teil der Stimmen erklärt werden, die anderen Parteien zugeschrieben wurden.

Beispielsweise schlug man in der Kleinstadt Bermeo den faschistischen Falangisten, der Partei des einstigen Diktators Franco, ein Teil der II-SP-Stimmen zu, im Dorf Amezketa den unbekannten Trotzkisten gleich alle. Im Baskenland waren solche Abweichungen leicht festzustellen, weil jeweils Beisitzer der Liste in den Wahllokalen anwesend waren. In anderen Landesteilen ist die Nachprüfung schwieriger. Dennoch wurden aus allen Regionen derartige Vorgänge gemeldet. Die II-SP wertet es auch als Hinweis auf organisierte Manipulationen, dass ihren Vertretern oft der Zugang zu den Nachzählungen verweigert wird.

Einen größeren Betrug vermutet die Liste zudem bei den Stimmenthaltungen. 2004 waren das knapp 100 000, nun sei die Zahl leerer Wahlumschläge auf 220 000 hochgeschnellt. Das sind sogar rund 60 000 mehr als bei den Parlamentswahlen im März 2008, obwohl damals die Wahlbeteiligung fast doppelt so hoch lag. Besonders auffällig ist, dass sich die Zahl der Stimmenthaltungen in Katalonien auf fast 60 000 nahezu vervierfacht hat. Dafür gebe es keinen Grund, niemand habe dazu aufgerufen. In dieser Region, in der die linke Unabhängigkeitsbewegung ebenfalls stark ist, wurden viele Stimmen für die II-SP erwartet. Sie erhielt offiziell aber nur knapp 16 000 (0,85 Prozent). Die Liste geht davon aus, dass viele ihrer Stimmen als Enthaltungen gezählt wurden, um zu verhindern, dass die Partei zusammen mit den 140 000 Stimmen aus dem Baskenland die Hürde von 250 000–300 000 Stimmen für einen Europaabgeordneten nimmt. Deshalb will sie bis zu den »höchsten internationalen Instanzen« die Wahlen anfechten und das juristische Vorgehen mit politischen Aktionen begleiten.

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