nd-aktuell.de / 19.06.2009 / Politik / Seite 10

Arbeiten ohne Lohn

British Airways fordert Mitarbeiter auf, einen Monat gratis zu arbeiten

Gabriel Rath, London
Dramatischer Appell des Chefs von British Airways an 41 000 Mitarbeiter: »Wir kämpfen ums Überleben.« Einen Monat lang sollen die Beschäftigten auf ihren Lohn verzichten, um die Fluglinie zu retten. Die schreibt nur noch rote Zahlen.

Soviel zum Thema »Das Schlimmste der Wirtschaftskrise ist schon wieder vorüber«: In einem dramatischen Appell hat der Chef von British Airways (BA), Willie Walsh, die 41 000 Mitarbeiter der Luftlinien aufgefordert, einen Monat ohne Bezahlung zu arbeiten. In einem Schreiben erklärt der Airline-Boss: »Wir kämpfen ums Überleben, und unser Schicksal hängt vom Beitrag jedes einzelnen ab.« Die Luftfahrt erlebe »die härtesten Bedingungen aller Zeiten, eine Erholung können wir nicht erkennen«, warnte Walsh.

BA musste im letzten Geschäftsjahr bis Ende März einen Rekordverlust von 401 Millionen Pfund (475 Millionen Euro) verbuchen. Steigende Treibstoffpreise, das stark gefallene Pfund und ein starker Einbruch bei den Passagierzahlen haben die drittgrößte Luftlinie Europas in schwere Bedrängnis gebracht. Die Zahl der Fluggäste von britischen Flughäfen fiel im ersten Quartal 2009 um 6,4 Millionen Passagiere oder 13 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2008. BA hat darauf mit einem drastischen Sparprogramm reagiert, um den Verlust auf 200 Millionen Pfund im laufenden Geschäftsjahr zu drücken. Seit Jahresbeginn wurden 2500 Stellen abgebaut, 780 davon im Management. Weitere 4000 Jobs sollen noch in diesem Jahr eingespart werden, davon 2000 unter den 14 000 Flugbegleitern. Walsh hat den Gewerkschaften bis Monatsende ein Ultimatum für eine Einigung über freiwillige Abgänge gesetzt. Das alles reicht aber nicht. »BA verbrennt langsam, aber sicher seine Cash-Reserven«, meint der Luftfahrtanalyst Andrew Fitchie. Er kritisiert, dass BA im Vergleich zur Konkurrenz immer noch zu viele Mitarbeiter an Bord seiner Flüge beschäftige. »Das sind verkrustete Strukturen, die British Airways heute nicht mehr wettbewerbsfähig machen.«

Um sein »unmoralisches Angebot« attraktiver zu machen, geht Walsh mit gutem Beispiel voraus und verzichtet im Juli auf sein Gehalt. Das trug ihm allerdings mehr Spott als Anerkennung ein.

Walsh verdient im Jahr 735 000 Pfund, während das Bodenpersonal in der Gepäckabfertigung zwischen 13 000 und 18 000 Pfund im Jahr bekommt. »Herr Walsh kann vielleicht auf ein Monatsgehalt verzichten. Unsere Mitglieder sicher nicht«, meinte ein Gewerkschaftssprecher.

Der Vorschlag der BA-Führung sieht außerdem unbezahlten Urlaub von bis zu einem Jahr vor. Nach Angaben einer Firmensprecherin bekundeten bereits »tausende Mitarbeiter ihr Interesse an unseren Vorschlägen«. Der Kolumnist Andrew Hill spottete: »Als nächstes sollte man Piloten verpflichten, sich ihr eigenes Rückflugticket zu kaufen. Und dann jene Jobs, die angeblich Spaß machen, an die Meistbietenden versteigern.«

Tatsächlich stehen die britischen Arbeitnehmer unter massivem Druck. Die Arbeitslosigkeit erreichte nach neuen Angaben im April mit 2,26 Millionen den höchsten Stand seit zwölf Jahren. Bis Jahresende wird ein Anstieg auf drei Millionen befürchtet.