Althaus schwelgt in Erfolgen

Ein selbstzufriedener Ministerpräsident redet die eigene Regierungszeit schön

  • Peter Liebers
  • Lesedauer: 2 Min.
Thüringens Regierungschef Dieter Althaus (CDU) zog gestern in Erfurt eine Bilanz der zurückliegenden Legislaturperiode und stieß mit seiner regierungsamtlichen Schönfärberei auf harsche Kritik der Opposition.

Thüringen sei der »Star unter den neuen Ländern«, behauptete Althaus zu Beginn seiner Rede und wertete das als Erfolg der seit 1990 regierenden CDU. Als Beleg führte er unter anderem den Industriebesatz von 39 Betrieben je 100 000 Einwohner an. Das sei der zweite Platz gleich hinter Baden-Württemberg. Auch die Erwerbsquote liege mit 70 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Dank seiner mittelständischen Struktur habe das Land ein gutes Fundament und werde gestärkt aus der Wirtschaftskrise hervorgehen. Althaus reihte dann ohne erkennbaren roten Faden die Erfolge seiner Politik aneinander: Die Familienpolitik, die Bildungspolitik und die Polizeireform gehörten dazu, obwohl sie alle heftig umstritten sind. Gegen die Familienpolitik richtet sich sogar ein eben abgeschlossenes Volksbegehren, für das mehr Unterschriften gesammelt wurden als nötig. Für Althaus war das kein Thema. Er behauptete, die Thüringer hätten kein Interesse an politischen Experimenten.

Der Fraktionschef der LINKEN, Dieter Hausold, wertete die Rede dann auch als »billige Propaganda«. Er rechnete vor, dass der Freistaat bei wichtigen Kennziffern auf Platz 14 liege, bei den verfügbaren Einkommen mit Mecklenburg-Vorpommern sogar das Schlusslicht unter allen Bundesländern bilde. Unterstrichen wurde diese düstere Einkommensbilanz durch eine Bürgerinitiative, die zur gleichen Stunde vor dem Erfurter Landtag für einen Mindestlohn von 7,50 Euro demonstrierte. Hausold warf dem Regierungschef vor, die reale Situation im Land auszublenden und forderte von ihm, seine Politik kritisch zu überdenken. Die Behauptung von Althaus, Kulturförderung habe einen hohen Stellenwert, wertete Hausold als »dreist«. Er verwies darauf, dass die CDU-Regierung die Mittel für Theater und Orchester um 10 Millionen Euro gekürzt hatte und erst durch massive Proteste zum Einlenken gezwungen werden konnte.

Auch aus Sicht von SPD-Fraktionschef Christoph Matschie hat sich Althaus »meilenweit von der Wirklichkeit entfernt«. Er verwies darauf, dass ein Drittel der Beschäftigten in Thüringen über ein monatliches Einkommen von weniger als 900 Euro verfügt, und dass 60 000 Menschen so wenig verdienen, dass sie ihr mageres Gehalt vom Arbeitsamt aufbessern lassen müssen. Matschie nutzte die Chance, sich als besseren Ministerpräsidenten zu präsentieren. Er stellte eine Zukunftsvision für Thüringen vor, die Althaus offensichtlich fehlt. Unter anderem möchte er vor dem Hintergrund der Klimaveränderung Thüringen zum »grünen Motor« machen und zeigen, was mit erneuerbaren Energien möglich ist.

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