Wahlkampf mit Schutzschirm

LINKE fordert Staatsgarantie für die Sozialversicherungen

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 3 Min.
Über Staatsgarantien wird gerade viel diskutiert. Ob Banken, Opel oder Arcandor – meist war die Rede von einem Schutzschirm für Arbeitsplätze oder Geldeinlagen. Die LINKE fordert nun eine Garantie für die Sozialversicherungen – und stößt auf heftigen Widerspruch der anderen Parteien.

Zum Ende der Legislaturperiode geben die Parteien im Bundestag noch einmal alles. Da werden alte Konflikte neu geschürt und uralte Vorwürfe erneuert. So auch am Donnerstag, als die Linksfraktion in ihrem Antrag (Drucksache 16/12857) einen »Schutzschirm für die Menschen« forderte: Eine ernsthafte Beschäftigung mit den Inhalten fand kaum statt, Populismusvorwürfe und Anschuldigungen wegen Unfinanzierbarkeit prägten dagegen die anderthalbstündige Debatte zur Mittagszeit.

Dabei hatte die Fraktion den Antrag nach Aussage ihres Redners Klaus Ernst bewusst mit »ganz einfachen Sätzen« geschrieben, damit auch die anderen Parteien sofort erkennen könnten, worum es ginge. Nämlich darum, gesetzlich zu verankern, dass soziale Leistungen in den nächsten vier Jahren nicht gekürzt werden dürften und dass der Staat für krisenbedingte Defizite der Sozialversicherungen bürgen müsse.

Und diese Forderung sei keineswegs »purer Populismus«, so Ernst. Es gebe jetzt schon Finanzierungsprobleme bei den Sozialversicherungen – die Einnahmen sänken durch zunehmende Arbeitslosigkeit, die Ausgaben, beispielsweise für Kurzarbeiter- und Arbeitslosengeld, stiegen aus dem selben Grund an. Mit dem Fortgang der Krise werde das Finanzierungsloch noch größer werden. Um den Menschen im Lande zu helfen, müsse die Bundesregierung die Sicherheit des sozialen Systems garantieren.

Eben da setzte die Kritik der anderen Parteien an. Erstens seien die Sozialsysteme schon heute sicher, wie Anton Schaaf (SPD) und Steffen Kampeter (CDU) bemerkten, und zweitens habe die LINKE wieder einmal nicht gesagt, wie sie ihre Forderungen gegenfinanzieren wolle, so Heinrich Kolb (FDP). Vor dem Hintergrund der aktuell höchsten Staatsverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik sei es unverantwortlich, dem Staat weitere Milliardenlasten aufzubürden, so der Tenor. Am Donnerstag wurde auch die mittelfristige Finanzplanung des Bundes bekannt, die die Aufnahme von 310 Milliarden Euro an neuen Krediten bis 2013 vorsieht.

Der Einwand von Klaus Ernst, seine Fraktion fordere doch nur Garantien, die den Staatshaushalt zunächst ebenso wenig belasteten wie die Merkelsche Spareinlagengarantie, wurde von der ausdauernd Demagogievorwürfe vorbringenden SPD-Abgeordneten Waltraud Lehn denn auch ignoriert. Dass die LINKE die Vermögens- und Börsenumsatzsteuer zur Mitfinanzierung von Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung fordert, bügelte Lehn mit den Worten ab, »so viele Millionäre gebe es in ganz Deutschland nicht«.

Trotz des aus allen Lagern geäußerten Vorwurfes, die Linkspartei nutze diese Debatte wieder einmal nur dafür, Wahlkampf zu betreiben, ließ sich die Tatsache der bevorstehenden Bundestagswahl auch bei den anderen Fraktionen kaum verbergen. So beschuldigte die Union Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), notwendige Reformen in der Bundesagentur für Arbeit zu blockieren. Die Kritik des CDU/CSU-Blocks an der FDP fiel dagegen wesentlich moderater aus – ein Schelm, wer dabei an spätere Koalitionsoptionen denkt. Grüne und SPD verteidigten in trauter Eintracht die rot-grünen Reformen der Schröder-Fischer-Regierung, räumten sogar selbstkritisch Fehler ein. Bei so viel Wahlkampfgeplänkel werden die Menschen im Lande wohl ewig auf einen sozialen Schutzschirm warten müssen.

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